Ein Regencape vom Kaffeeröster, ein Strohhut vom Reifenhersteller oder der selbst am Aktionsstand der Modekette bemalte Baumwollbeutel – die Werbegeschenke der Sponsoren eines jeden Jahres gehören genauso unzertrennlich zur jeweiligen Auflage wie Wappentier Wildschwein oder Eichenhörnchen.
Ohne Unterstützung geht es nicht
Große Festivals sind ohne Sponsoren nicht denkbar. Auch wenn der Veranstalter FKP Scorpio sich nicht in die Karten blicken lässt und die Frage nach dem Prozentsatz der Sponsoreneinnahmen an der Kostendeckung unbeantwortet bleibt, dürfte ihr Anteil nicht eben unerheblich sein. Bereits 2012 veröffentlichte die Fach-Plattform „Festivalisten“ die Summe von 260 000 Euro für einen Platz als Hauptsponsor beim Hurricane: „Bleibt man für eine Modellrechnung beim Hurricane, bringen – dem Listenpreis nach – alleine die Hauptsponsoren eine Summe von über einer Million Euro“, heißt es auf der Website, „das Sponsoring steht konservativ geschätzten 8,4 Millionen Euro Einnahmen durch die Ticketverkäufe gegenüber.“ Und heute, zehn Jahre später? Bereits vor der Zwangspause agierten große Sponsoren seit einigen Jahren zunehmend zögerlicher, die derzeitige finanzielle Situation hat ihr übriges getan. Vorbei die Zeiten, wo am Stand des Reifenhändlers eigene Live-Acts spielten, wo das Hamburger Handelshaus, das jeder gut findet, sein altbackenes Image als Kataloghändler durch ein ganzes Festival-Haus für Youtuber, Influencer und Preisgewinner aufpolierte. Der Imagegewinn wird nicht mehr mit Gold aufgewogen: Nicht mal der Vertrag für einen Supermarkt auf dem Gelände, den sich mehrere Ketten jahrelang etwas kosten ließen, kommt in diesem Jahr zustande – übrigens wie bei den meisten großen Festivals im Lande.

Die Werbe-Rucksäcke zum Selbst-Designen am Stand einer großenModekette: ein beliebtes Accessoire bei den Fans. Foto: Ulla Heyne
Nicht so gern gesehen
Noch problematischer dürften viele wohl die Beteiligung des chinesischen Online-Modehändlers Shein sehen. Die Liste der öffentlichen Kritikpunkte an dem chinesischen Fast Fashion-Label ist lang: Plagiatsvorwürfe, mangelnde Nachhaltigkeit, Missachtung der gesetzlichen Arbeitsvorschriften, Kinder- und Zwangsarbeit und Qualitätsprobleme sind nur einige davon. Auf der Hurricane-Website schreibt der Hamburger Konzertveranstalter zum Thema Nachhaltigkeit: „Es liegt in unserer Verantwortung, wie wir unsere Zukunft erleben und auch, unseren Kindern und Enkelkindern ein ökologisch, sozial und ökonomisch intaktes Gemeinwesen zu hinterlassen. Denn Nachhaltigkeit beginnt in unserem eigenen Lebensumfeld. Jede*r kann und muss seinen Teil dazu beitragen.“ Wie passt das zum neuen Sponsoren? Zu dieser Frage möchte man sich bei FKP Scorpio nicht äußern. „Wir verstehen, dass die Kritik an manchen Sponsoren als Gegensatz zu unserer nachhaltigen Ausrichtung aufgefasst wird. Dazu muss man allerdings wissen, dass unsere Sponsoren keinerlei Einfluss auf unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen haben“, so ein

Die "Do-it-yourself"-Spielwiese einer großen Modekette: bei den Hurricane-Gästen ein beliebter Anlaufpunkt. Foto: Ulla Heyne
Auch das Bundesministerium für Kultur und Medien, ebenfalls als Partner gelistet, gibt sich zurückhaltend: „Das Hurricane Festival hat Mittel aus dem Corona-Hilfsprogramm ‚Neustart Kultur‘ erhalten, das nicht von der BKM selbst geprüft und umgesetzt wird, sondern von der Initiative Musik. Eine Ausgrenzung von der Förderung findet nur dann statt, wenn eine Einrichtung bzw. ein Festival verfassungsfeindliche, gesetzeswidrige oder strafbare Inhalte verbreitet oder gewaltverherrlichende, jugendgefährdende Schwerpunkte in der inhaltlichen Programmplanung enthält“, so ein Sprecher von Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Eine Einschränkung macht er aber doch: Unabhängig davon müsse jeder Veranstalter für sich prüfen, mit welchem Sponsor er sich verbinde, „weil davon auch die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des Festivals bei den Fans abhängt“. Wie die aussieht, bleibt abzuwarten. Hoffentlich hängt sie nicht von den verteilten Werbegeschenken ab.