Bremerhaven

Söders Klage: Existenzbedrohender Angriff auf das Land Bremen

Millionensummen für die Häfen, für Klimaschutz und für bessere Bildung: Das klamme Land Bremen hat gewaltige Ausgaben vor der Brust. Und genau jetzt wollen die Bayern den Geldhahn zudrehen. Das Wort „existenzbedrohend“ ist da keine Übertreibung.

Söder vor Bayern-Wappen

Markus Söder will den Geldhahn zudrehen. Er klagt gegen den Länderfinanzausgleich. Setzt er sich durch, hätte das fatale Folgen für das Land Bremen. Der Senat bereitet sich nun auf die Klage vor. Foto: Peter Kneffel

Das Wort „existenzbedrohend“ steht in dem Papier, mit dem am Dienstag die Senatoren über den Ernst der Lage informiert werden. Am 12. Juli hatte die bayrische Landesregierung Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will das System kippen, mit dem finanzstarke Bundesländer und der Bund die schwächeren Länder wie Bremen unterstützen, um vergleichbare Lebensbedingungen herzustellen.

Söder: Finanzausgleich ist ungerecht

Söder hatte betont, dass er die große Geldverteilung als „zutiefst ungerecht“ empfinde. Bayern gehört zu den wenigen Zahlmeistern, habe bislang 100 Milliarden Euro zugebuttert. Von diesem Geld leisteten sich andere Bundesländer „Dinge, die wir uns nicht leisten können“, grantelte er.

Für das Land Bremen geht es um viel Geld. Aus dem Länderfinanzausgleich fließen jedes Jahr über eine Milliarde Euro in den Landeshaushalt. Dazu kommen jährlich 400 Millionen Euro Sanierungshilfen. „Sollte es der bayrischen Staatsregierung gelingen, die geltenden bundesstaatlichen Finanzbeziehungen zu Fall zu bringen, entstünden potenziell existenzbedrohende Risiken für den Haushalt“, heißt es in der Senatsvorlage.

Zeitgleich Klage gegen Klimapaket

Derzeit ist die Attacke der Bayern nicht die einzige Bedrohung für den Senat. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion klagt gegen den Nachtragshaushalt. Es geht um drei Milliarden Euro, mit denen die Folgen der Klimakrise und des Ukrainekrieges abgefedert werden sollen. Weil das Geld über Kredite aufgebracht werden soll, sieht die CDU einen Verstoß gegen die Schuldenbremse.

Sollte der Staatsgerichtshof der Klage stattgeben, steht der Senat vor nahezu unlösbaren Problemen. Die riesigen Investitionen in den Klimaschutz lassen sich nicht über den Haushalt finanzieren, betont die Landesregierung immer wieder. Brechen dann auch noch die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich weg, steht das Land Bremen vor dem finanziellen Ruin.

Es ist also höchste Zeit für den Senat, sich auf den bayrischen Vorstoß vorzubereiten. Bremen steht nicht allein da. Zwölf Länder wollen sich zu einer Prozessgemeinschaft zusammenschließen. Sie wollen auch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten ernennen. Die Wahl fiel auf Professor Stefan Korioth von der Uni München. Er gilt als Experte im Bereich des bundesstaatlichen Finanzausgleichs.

Korioth ist in der Bremer Politik kein Unbekannter. So bescheinigte er 2020 dem Senat, dass die Schulden des Bremen-Fonds zur Abfederung der Pandemiefolgen zulässig waren. 2016 gab er ein Gutachten zu den Mehrausgaben für Flüchtlinge ab.

Neuordnung des Ausgleichssystems

Es ist nicht die erste Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Zuletzt klagten Bayern und Hessen 2013 gegen den Finanzausgleich. Sie zogen 2017 die Klage zurück, nachdem eine Reform des Systems beschlossen wurde. Die Neuordnung brachte dem Land Bremen ab 2020 rund 500 Millionen Euro jährlich zusätzlich ein.

Diesmal steht Bayern mit der Klage allein da. Söder wird Wahlkampfgetöse unterstellt. „Wir nehmen das Normenkontrollverfahren nicht auf die leichte Schulter“, sagt allerdings Finanzsenator Björn Fecker (Grüne). Bremen werde mit den anderen Ländern der Klage entschlossen entgegentreten. „Der Finanzausgleich ist Bestandteil der Verfassung. Er ist dazu da, in den Ländern gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen“, sagt Fecker. Er erinnert zudem daran, dass Bayern dem neuen Finanzausgleich selbst zugestimmt hatte.

Porträt Björn Fecker

„Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter“, sagt der neue Finanzsenator Björn Fecker (Grüne). Foto: ls

Geldscheine

Es geht um viel Geld: Jährlich bekommt das Land Bremen über eine Milliarde Euro aus dem Länderfinanzausgleich. Dazu kommen 400 Millionen Euro Sanierungshilfen. Foto: Monika Skolimowska

Klaus Mündelein

Reporter

Klaus Mündelein kümmert sich im Bremer Büro um die Landespolitik. Er hat in Münster studiert und volontiert und kam vor fast 30 Jahren zur Nordsee-Zeitung.

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