Zehn Sekunden Urlaub. An dieser Kurve mit der grünen Leitplanke tauche ich ab: in die Berge. Ich weiß schon zwei Minuten vorher, dass ich gleich weg bin, in meinem Allgäuer Kuhdorf. Sobald ich den Abzweiger nach Kransburg hinter mir habe, puckert mein Herz, nehme ich den Fuß vom Gas, egal wer hinter mir drängelt, und bin für eine Minute erfüllt von Vorfreude. Ist es noch da, das Zehn-Sekunden-Allgäu? Der Hügelkamm mit dunklem Wald, davor das rote lange Scheunendach? Es ist - da! - und - schon - weg. Neulich hatte ich Besuch in Bremerhaven, ein Kollege aus dem Allgäu. Ich hab ihm mal die Nordsee gezeigt, dem bajuwarischen Urviech, bin mit ihm raus zum Sahlenburger Strand. Auf dem Rückweg hinter Midlum warne ich: „Pass auf, gleich - Kurve, grünes Geländer, schräg links drüber - guck - höher - da! - siehste - Allgäu?!?“ Wald, Hügelkamm, rotes Dach! Der Micha ist amüsiert. „Mei. Fascht kunntmers meinen, dass da glei no Küh‘ auftauchen...“ Das hab ich verschwiegen. Dass da auf einer Weide wirklich silberbraunes Milchvieh wiederkäut! Der Allgäuer ist platt. Googeln klärt auf: Das Cuxländer Allgäu ist ein Eiszeitrelikt. Man guckt bei Kransbug ostwärts bis zur Hohen Lieth. Dieser Geestrücken entstand als Moräne vor 100.000 Jahren. Lieth ist das alte plattdütsche Wort für Abhang. Die liegt nämlich um bis zu 30 Meter höher als das Marschland drumrum. 30 Meter?!! Demnächst pack ich ein Sauerstoffgerät ein, die Schuh’ mit Spikes, und steige auf - zur Endmoränen-Expedition...
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