Bremerhaven Stadt der Zukunft

Da sind sich fast alle Parteien einig: Bremerhaven braucht mehr Polizisten

Bei Umfragen zur Wahl gehört die Innere Sicherheit und die Bekämpfung der Kriminalität zu den wichtigsten Themen. Die Parteien in Bremerhaven eint dabei eine Forderung: die nach mehr Polizisten. Ein Blick in die Wahlprogramme:

Schriftzug "Polizei"

Die öffentliche Sicherheit - und hier vor allem die Arbeit der Polizei - nimmt breiten Raum in den Wahlprogrammen ein. Foto: Boris Roessler/dpa

CDU: Ein thematischer Schwerpunkt in den Wahlprogrammen der CDU ist die Bekämpfung der Kriminalität. „Die Stärkung der Sicherheitskräfte von Polizei und Feuerwehr ist uns seit jeher ein zentrales Anliegen“, heißt es da, und vielleicht schaut die Partei deshalb auch gern auf die vergangenen vier Jahre zurück. Dass Polizisten heute Elektroschocker, so genannte Taser, und Kameras an ihrer Uniform tragen, werten die Christdemokraten als ihren Erfolg.

Beim Blick nach vorn steht die Eigenständigkeit der Ortspolizeibehörde im Fokus, die deutschandweit einzige Stadtpolizei mit eigener Schutz- und Kriminalpolizei. Wie viele Polizisten angemessen sind für die Stadt, darum gibt es öfter Streit zwischen Bremerhaven und Bremen - denn das Land bezahlt sie. Mindestens 520 seien sicherzustellen, urteilt die CDU, fordert aber 580 Beamte. Auch für das Bürger- und Ordnungsamt verspricht die CDU mehr Personal.

Die Arbeit bei Polizei und Feuerwehr müsse besser bezahlt werden. Die Arbeit könne auch entschlackt werden, denn Schwertransporte begleiten oder etwa Gefängnisinsassen bewachen, das könnten andere übernehmen. Auch die Verkehrsüberwachung.

Dafür soll das Polizeirevier in Leherheide wieder rund um die Uhr besetzt sein an allen Tagen der Woche. Straffällige sollen konsequenter abgeschoben werden und auch ausreisepflichtige Ausländer.

Die CDU will stärker gegen Jugendkriminalität vorgehen und das Haus des Jugendrechts ausbauen, das es in Bremen noch gar nicht gibt. Schulhöfe und Kitas sollen per Videoüberwachung von Vandalismus geschützt werden.

Die Feuerwehr soll schnell eine zusätzliche Wache im Stadtnorden erhalten, die Ausbildung der Rettungssanitäter in Bremerhaven bleiben.

SPD: Begriffe wie Sauberkeit und Sicherheit gehören zu den Schlüsselbegriffen des SPD-Wahlprogramms. Beinahe detailverliebt breiten die Sozialdemokraten im Programm aus, was bereits erreicht wurde und was zu erledigen ist. Allen voran die Feststellung: Das noch immer nicht erreichte Ziel von 520 Vollzeitstellen sei längst überholt, schickt die SPD Grüße nach Bremen. „Wir fordern mindestens 580 Vollzeitäquivalente“, lautet die Forderung ans Land, das die Beamten zahlt. Alle Polizisten sollten Taser erhalten, das Bürger- und Ordnungsamt auch Kameras an die Uniformen. Zusätzliche Fußstreifen in den Stadtteilen könnten über zusätzliche Kontaktpolizisten erreicht werden.

Ein eigenes Investitionsprogramm soll für die Digitalisierung der Sicherheitsbehörden aufgelegt werden, auch fehlten sowohl die Technik als auch die Experten, um „neue“ Phänomene wie Cybercrime und Hasskriminalität zu bearbeiten und zu analysieren.

„Schmuddelecken“ im Stadtgebiet sollten verschwinden, zur Ansprache sollten verstärkt Übersetzer eingesetzt werden. Nicht ausgeschlossen werden dürfe eine Videoüberwachung des öffentlichen Raumes.

Bei der Feuerwehr sieht es ähnlich aus: mehr Personal, eine neue Wache im Stadtnorden, stärkere Unterstützung für die Freiwilligen Feuerwehren, in Leherheide soll eine gegründet werden.

FDP: Die FDP setzt wie CDU und Bürger in Wut in der Endphase des Wahlkampfes verstärkt auf das Thema Innere Sicherheit und Kriminalität. Die Freien Demokraten fordern für Bremerhaven ebenfalls 580 Beschäftigte in der Ortspolizeibehörde. „Hiermit wollen wir die Überstunden und den Bearbeitungsstau abbauen“, heißt es im Programm. Aus dem gleichen Grund müssten auch Staatsanwaltschaften und Gerichte besser ausgestattet werden.

Auch die digitale und technische Ausstattung der Polizei müsse modernisiert werden.

Um zukünftig die Einhaltung der Ordnung und Sicherheit sowie die Verkehrsüberwachung noch stärker in den Fokus zu nehmen, sollen Kontrollen durch das Bürger- und Ordnungsamt auch in den späten Abend- und Nachtstunden oder an Sonn- und Feiertagen erfolgen. Die FDP verspricht sich von einer verstärkten Präsenz unter anderem, dass weniger Müll liegengelassen wird.

Die Stärkung des Katastrophenschutzes sei als Basis der Daseinsvorsorge unabdingbar.

Das Land Bremen müsse mit seinem besonderen Gefährdungsrisiko durch den Hafenumschlag und der Lage an der Küste Katastrophenschutz zur Landesaufgabe erklären.

Grüne: 580 Polizisten für Bremerhaven - das ist auch eine Forderung der Grünen, wenn auch langfristig. Zunächst reichten 560 Beamte, heißt es im Programm. Den Grünen schwebt aber dafür vor, den Ausschuss für öffentliche Sicherheit der Stadtverordnetenversammlung deutlich zu stärken, für eine stärkere Kontrolle der Ortspolizeibehörde.

Künftig müsse ein Schwerpunkt auf der Verfolgung von Wirtschafts- und Cyber-Kriminalität liegen.

Die polizeiliche Alltagsarbeit soll mit zusätzlichen Tarifangestellten entlastet werden. Außerdem Vorstellung der Grünen: Jeden Streifenwagen mit Tablet auszustatten.

Der Außendienst des Bürger- und Ordnungsamtes soll seine Arbeit auf die städtischen Parks ausdehnen, etwa bei Müllproblemen, unerlaubtem Grillen oder

der Einhaltung des Jugendschutzes.

Zur Forderung für die kommende Legislaturperiode gehört, neue Feuerwehr-Wachen im Stadtnorden und im -süden in Betrieb zu nehmen und auch zwei Freiwillige Feuerwehren zusätzlich aufzubauen.

Für die medizinische Notfallversorgung ist sogar ein Luftrettungsstandort zusammen mit den Nachbargemeinden ein Thema.

In Justizangelegenheiten muss für Bremerhavener der Weg nach Bremen die Ausnahme sein, fordern die Grünen, die sich in dem Bereich auch eine stärkere Zusammenarbeit mit Niedersachsen vorstellen. Eine große Strafkammer müsse wieder zurück nach Bremerhaven abgeordnet werden. Auch eine Zivilkammer des Landgerichtes müsse ihren Sitz dauerhaft in Bremerhaven haben.

BIW: In ihrem Wahlprogramm - der Kampf gegen die Kriminalität stellt einen Schwerpunkt des Papiers - fordern die Bürger in Wut mehr Härte gegen Straftäter, eine „Null-Toleranz-Strategie gegen Rechtsbrecher“ sowie für die Ortspolizeibehörde eine Aufstockung auf 550 Stellen für Polizisten und: zusätzliche „Hilfskräfte“ in den Revieren. Auch könnten „geeignete, zuverlässige Bürger“ eine freiwillige Sicherheitswacht bilden - und etwa Verkehrsunfälle aufnehmen, so eine Vorstellung.

Die Polizei müsse ihre Arbeit mehr „auf die Straße“ verlagern, urteilen die Bürger in Wut. Dazu gehörten auch mobile Wachen - zu eröffnen in Ortsteilen mit erhöhter Belastung durch Kriminalität. Jugendliche Intensivstraftäter will die Partei in geschlossenen Heimen unterbringen. Auch bei kleineren Gesetzesverstößen müsse der Staat konsequent einschreiten und Täter schneller zur Verantwortung ziehen, heißt es.

Für eine Videoüberwachung nennt die Partei als Beispiele Rickmersstraße, Hauptbahnhof, „Bürger“ und Hafenstraße.

Ausländische Schwerverbrecher und Mehrfachtäter sollen abgeschoben werden.

Der Besitz „weicher Drogen“ wie Haschisch und Marihuana soll bis 2,5 Gramm straffrei sein.

AfD: In einer sicheren Stadt könne sich jeder zu jeder Zeit frei und unbedroht fühlten, schreibt die AfD. Zur Vorstellung der Partei gehört demnach auch mehr Polizeipräsenz. Die Polizei müsse personell verstärkt werden, wie viele Beamte fehlen, schreibt die AfD aber nicht. Die Reviere sollten aber rund um die Uhr besetzt sein, auch Streifen sollten pausenlos unterwegs sein, lautet eine Forderung.

Von den Gerichten erwartet die AfD härtere Urteile - in kaum einem anderen Bundesland sei die Verurteilungsquote geringer als im Land Bremen. Auch sollten Strafen schneller erfolgen.

„Islamismus und Salafismus dürfen in Bremen nicht geduldet werden und müssen energischer bekämpft werden, auch im Sinne der friedliebenden und gut integrierten Muslime in Bremen und Bremerhaven“, heißt es im Programm.

Die AfD fordert außerdem, die polizeiliche Kriminalstatistik zu überarbeiten - aufgeschlüsselt nach Herkunftsstaaten von Tatverdächtigen und den Geburtsnationalitäten deren Eltern.

Linke: Die Linken wünschen sich eine bürgernahe Polizei, setzen auf die Sozialpolitik, um Kriminalität vorzubeugen, und wünschen sich mehr Polizisten einzustellen mit Migrationshintergrund. Für die Kommunikation sei das besser, urteilen sie. Und auch für den „Alltags-Rassismus“, umschrieben als häufigere Personenkontrolle aufgrund von äußerlichen Merkmalen. Für uniformierte Polizisten sollte eine generelle Kennzeichnungspflicht gelten, fordern die Linken.

Eine stärkere Videoüberwachung lehnen sie ab.

Bei Feuerwehr und Rettungsdienst dürfe nicht gespart werden. Ein Konzept fehle für den Umgang mit „der sehr hohen Zahl von Überstunden“. Es müsste mehr Personal eingestellt und weitere Rettungswachen müssten im Norden und Süden der Stadt aufgebaut werden.

Partei: Auf der Homepage der Satire-Partei findet sich neben mehr oder weniger spaßigen Vorschlägen zur aktuellen Wahl ein Programm von 2015.

Piraten: „Die innere Sicherheit eines Landes wird nicht durch Kameraüberwachung unbescholtener Bürger erreicht, sondern durch Präsenz von Polizei und Ordnungsbehörden“, schreiben die Piraten in ihrem Programm. Ohne auf Zahlen einzugehen, ist von „ausreichend“ und gut ausgebildeten Polizisten die Rede. Dass es an Polizisten mangele, zeige die Zahl von mehr als 32.000 Überstunden in Bremerhaven pro Jahr. Bei Großveranstaltungen könnten private Sicherheitsunternehmen unterstützen, so eine Vorstellung.

Das sagt der Experte: Prof. Dr. Lothar Probst, ehemaliger Leiter des Arbeitsbereichs Wahl-, Parteien- und Partizipationsforschung am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bremen, hat die Programme gesichtet. Sein Fazit: Das Thema „Innere Sicherheit“ wird vor allem von BIW, FDP und CDU besetzt. Alle drei Parteien skandalisieren die „hohe“ Kriminalität und fordern eine deutliche Stärkung der Sicherheitsorgane. Für BIW ist es das vorherrschende Thema im Wahlkampf, um damit möglichst viele Wähler auch von der AfD zu gewinnen. Die FDP ist in den vergangenen Wochen vor allem in Bremen verstärkt auf das Thema Kriminalitätsbekämpfung aufgesprungen.

Fazit der Redaktion: In Fragen der Inneren Sicherheit hat die SPD mehr Gemeinsamkeiten mit der CDU als mit den Grünen.

Thorsten Brockmann
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