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Wenn’s beim Wasserlassen nicht mehr funktioniert - das sagt der Experte aus dem Cuxland

Sie ist klein, kann aber großen Ärger bereiten. Die Prostata ist ein wichtiges Organ für die Fortpflanzung. Worauf Männer unbedingt achten sollten, um Erkrankungen dieser Drüse frühzeitig zu entdecken.

Dr. Markus Bolten

Prostataerkrankungen sind für Dr. Marius Bolten, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Ameos Seepark Klinikum Geestland, gut zu behandeln - wenn man sie nur frühzeitig genug erkennt. Auf einem Schaubild zeigt der Mediziner die Lage des Geschlechtsorgans im männlichen Becken. Foto: Arnd Hartmann

Dr. Marius Bolten, seit 2006 Chefarzt an der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Ameos Klinikum Seepark Geestland in Debstedt, kennt sich aus, wenn es um optimale Früherkennung, Diagnose und die bestmögliche Therapie von Prostatakrebs geht. In seiner langjährigen Arbeit gehört die Erkrankung des Geschlechtsorgans mit all ihren Facetten für den 59-jährigen Mediziner zur täglichen Praxis.

Wo befindet sich die Prostata im Körper des Mannes?

Die Prostata ist eine circa vier Zentimeter große walnussförmige Drüse. Sie sitzt unterhalb der Harnblase und umschließt dort ringförmig die Harnröhre, die den Urin von der Blase durch die Prostata und den Penis zur Eichel leitet. An der Rückseite grenzt sie an den Enddarm.

Worin besteht die Hauptaufgabe der Prostata?

Die Prostata dient nur der Fortpflanzung, gehört deshalb zu den inneren Geschlechtsorganen. Sie produziert Seminalplasma. Neben den Spermien als erstem und für die Fortpflanzung wichtigstem Bestandteil handelt es sich bei diesem Plasma um die zweite, größere Komponente des Ejakulats. Das Seminalplasma aus der Prostata sorgt für die Beweglichkeit der Spermien. Bei einem Samenerguss zieht sich die Prostata zusammen und presst diese Flüssigkeit durch ihre zahlreichen Ausführgänge in die Harnröhre, die sich zur gleichen Zeit mit den Spermien aus den Hoden vermischt, um dann gemeinsam auszutreten. Im Bereich der Prostata laufen also Harn- und Samenwege zusammen.

Prostatakrebs ist bei Männern der häufigste bösartige Tumor und die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache. Warum?

Die Ursachen, warum sich Prostatakrebszellen bilden und manche sich zu einer lebensbedrohlichen Krankheit auswachsen, ist unbekannt. Als Risikofaktoren gelten in der Wissenschaft das Alter sowie hormonelle und genetische Faktoren. War beispielsweise der Vater oder Bruder bereits an Prostatakrebs erkrankt, verdoppelt sich das Risiko. Man spricht dann von einem familiären Prostatakarzinom. Weltweit sind Prostata-Erkrankungen unterschiedlich verteilt. In Asien erkranken weniger Männer daran als in den Vereinigten Staaten. Und hier wiederum sind farbige häufiger betroffen als weiße US-Amerikaner. In Nordeuropa wiederum ist die Rate der Prostata-Erkrankungen höher als in Südeuropa.

Woran merkt ein Mann, dass mit seiner Prostata etwas nicht in Ordnung ist?

Typische Anzeichen sind vermehrter Harndrang, insbesondere in der Nacht, Schwierigkeiten zu Beginn des Urinierens, die Unfähigkeit, Wasser zu lassen, schwacher oder unterbrochener Harnfluss, Schmerzen bei der Ejakulation, Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit. Starke Schmerzen in der Kreuzgegend sowie im Bereich von Becken, Hüften oder Oberschenkeln gehören ebenfalls zu den Warnzeichen. Auch wenn es sich in den meisten Fällen um Symptome einer gutartigen Prostatavergrößerung handelt: Man(n) sollte einen Arzt aufsuchen, wenn er eine oder mehrere Beschwerden bei sich beobachtet. Früherkennung ist das Wichtigste.

Ab welchem Alter sollten Männer ihre Prostata regelmäßig untersuchen lassen?

Die Häufigkeit von Prostatakrebs steigt ab 45 Jahren bis ins achte Lebensjahrzehnt in der Regel kontinuierlich an. Deshalb empfehle ich eine Untersuchung zur Früherkennung ab dem 45. Lebensjahr. Und zwar einmal pro Jahr. „Risikomänner“ - ich sprach vom familiären Prostatakarzinom - sollten schon ab 40 Jahren einmal pro Jahr zur Untersuchung kommen.

Rektalschallkopf

Auch Ultraschall wird als Methode zur Untersuchung der Prostata zuverlässig herangezogen. Dabei wird ein sogenannter Rektalschallkopf in den Darm eingeführt. Foto: Arnd Hartmann

Wie funktioniert eine solche Untersuchung?

Zum einen durch das bloße Abtasten der Prostata. Hier lassen sich oftmals bereits augenfällige Veränderungen fühlen. Auch Ultraschall wird als Methode zuverlässig herangezogen. Dabei wird ein sogenannter Rektalschallkopf in den Darm eingeführt. Dritte Methode ist die Messung des PSA-Wertes durch eine Blutprobe. Mit diesem Test wird die Menge an „Prostata-spezifischem Antigen“ bestimmt. Der PSA-Wert sollte ein bestimmtes Level - gemessen in Nanogramm pro Milliliter Blut - nicht übersteigen. Der Normwert liegt bei 4 Nanogramm pro Milliliter Blut. Diese Untersuchungen sind nicht schmerzhaft und können ambulant erfolgen.

Ist eine Vergrößerung der Prostata per se ein Problem?

Nein. Es gibt die gutartige Prostatavergrößerung, die im Laufe eines Lebens immer eintreten kann. Probleme entstehen erst dann, wenn die Vergrößerung das Wasserlassen beeinträchtigt. Es gibt die Entzündung der Prostata - die sogenannte Prostatis, verursacht beispielsweise durch eine Harnwegsinfektion - und es gibt den Prostatakrebs, also das Prostatakarzinom. Wir behandeln in Debstedt durchschnittlich rund 80 neu diagnostizierte Karzinom-Patienten pro Jahr. Aktuell betreuen wir im Prostatakarzinomzentrum weit über 1.000 Patienten mit dieser Diagnose in allen Stadien.

Welche Behandlungsmethoden sind gebräuchlich?

Das hängt vom Grad der Erkrankung ab. Bei einer Prostatis erzielen wir mit Antibiotika gute Erfolge. Bei einem Prostatakarzinom ist es wichtig, auf die Art, Lage und Ausprägung des Tumors zu achten. Wir unterteilen Prostatakarzinome in drei verschiedene Stadien: das lokal begrenzte Prostatakarzinom, das lokal fortgeschrittene oder das metastasierte Prostatakarzinom. Im letztgenannten Fall haben die Krebszellen bereits gestreut und andere Regionen des Körpers befallen, in der Regel Knochen, Lymphknoten oder innere Organe.

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Ist ein Prostatakarzinom tödlich?

Keinesfalls. Viele Menschen haben mit einem Prostatakarzinom gelebt, zum Beispiel Tagesschau-Sprecher Karl-Heinz Köpcke, der ehemalige französische Staatspräsident François Mitterrand oder der US-Musiker Frank Zappa. Ist es erst mal als ein solches diagnostiziert, zum Beispiel durch eine Gewebeprobe, kommt es auf die richtige Therapie an.

Worin besteht die „richtige Therapie“ eines Prostatakarzinoms?

Die Standardtherapie ist die vollständige Entfernung der Prostata oder eine Bestrahlung. Bei metastasierten Stadien erfolgt eine Hormon- oder Chemotherapie. Bei Frühstadien setzt sich jedoch mehr und mehr die Idee der aktiven Überwachung durch. Demnach wird nicht nur die Prostata häufiger abgetastet, sondern es wird auch engmaschig der bereits erwähnte PSA-Wert gemessen und Gewebe aus der Prostata entnommen. In der Regel alle drei Monate. Bleibt das Karzinom unauffällig, lassen wir die Prostata in Ruhe. Gerade im Hinblick auf einen möglicherweise schlechten Gesundheitszustand der Betroffenen oder mit Blick auf das höhere Alter muss man das individuell ausloten.

In welchen Fällen muss die Prostata entfernt werden?

Wenn sich das Prostatakarzinom vergrößert oder der PSA-Wert kritisch ansteigt. In solchen Fällen entfernen wir die Prostata vollständig. Die sogenannte Prostatektomie ist der am häufigsten durchgeführte Eingriff bei Prostatakrebs in Deutschland. Bei einer solchen Operation werden in der Regel neben der Prostata auch die Samenblasen und benachbarte Lymphknoten entfernt. In sieben von zehn Fällen sind die Betroffenen anschließend vom Krebs befreit.

Welche Folgen hat eine vollständige Entfernung der Prostata?

Sie kann mit vorübergehenden oder dauerhaften Nebenwirkungen verbunden sein, die wiederum die Lebensqualität der Betroffenen einschränken. Neben unfreiwilligem Urinverlust - der Harninkontinenz - kann auch eine erektile Dysfunktion auftreten, umgangssprachlich Impotenz genannt. Sie betrifft bis zu 60 Prozent aller derart behandelten Männer.

Lässt sich gegen Impotenz nach einer vollständigen Entfernung der Prostata etwas unternehmen?

Es gibt heute verschiedene Therapiestrategien, um Männern wieder ein möglichst normales Sexualleben zu ermöglichen. Oft werden mehrere Behandlungen miteinander kombiniert. Das Beckenbodentraining ist im Rahmen der Physiotherapie bei erektiler Dysfunktion auf jeden Fall zu empfehlen. Die Beckenbodenmuskulatur ist äußerst wichtig, um eine Erektion entstehen zu lassen und diese aufrechtzuerhalten. Es gibt auch Medikamente, die dafür sorgen, dass vermehrt Blut in die Schwellkörper des Penis strömt beziehungsweise weniger schnell abfließt. Man(n) kann sich mit Hilfe einer Nadel auch einen medizinisch verschriebenen Wirkstoff selbst in den Schwellkörper injizieren. Und nicht zuletzt gibt es Schwellkörperimplantate. Wichtig ist: Die Therapie sollte mit dem zuständigen Arzt besprochen werden.

Andreas Schoener
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