Ich bleibe zwischen Regalen stehen und spitze die Ohren. Live-Klaviermusik und Live-Gesang erfüllen den Raum. Mir fällt ein, was es damit auf sich hat: Der Musiker Jan-Hendrik Ehlers lässt die Besucher regelmäßig in der Stadtbibliothek musikalisch ins Wochenende gleiten - eine inzwischen sehr beliebte Veranstaltung. Nachdem ich alle Bücher beisammen habe, stelle ich mich neugierig dazu. Rund ein Dutzend Zuhörer haben sich ums Klavier gruppiert. Als Ehlers nach einer kurzen Pause ein Elvis-Presley-Stück ankündigt, meldet sich eine Besucherin. Das würde ja gut passen, denn am 1. Oktober jähre sich der Besuch des Künstlers in Bremerhaven zum 65. Mal. Sofort ist das Interesse aller Zuhörer da. Stimmt ja, das war ja ein ziemliches Ereignis, als 1958 der King of Rock’n’Roll hier anlegte, denke ich, auch wenn ich das natürlich nur aus Erzählungen der Eltern und Großeltern weiß. Die Zuhörerin hat es hingegen selbst erlebt: „Ich war damals 12 Jahre alt - und live dabei.“ Dass eine Zwölfjährige einem Rock’n’Roller zujubelt - das war ihren Eltern noch schwer zu vermitteln, berichtet die Zuhörerin. „Es hat sich gelohnt, auch wenn ich Stubenarrest bekommen habe“, erinnert sie sich und lacht. Ehlers startet - alle lauschen andächtig - und für einen Moment hat man bei den Klängen von „Can’t help falling in love“ das Gefühl, als ob Elvis selbst zwischen Bücherreihen auftauchen könnte.
