Nordenham

Umschlag von Atommüll in Nordenham: Das ist die bisherige Bilanz

Am frühen Dienstagmorgen hat das Spezialschiff „Pacific Grebe“ in Nordenham festgemacht. An Bord: sieben Castoren mit hoch radioaktivem Atommüll. Die ersten Behälter sind inzwischen gelöscht. Wie lange der Umschlag noch dauert, bleibt ein Geheimnis.

Gegen 6 Uhr ist die „Pacific Grebe" am Dienstagmorgen an der Midgard-Pier vertäut. Auf der Weser, auf der die Polizei mit Schlauchbooten patrouilliert, liegt noch Nebel.

Gegen 6 Uhr ist die „Pacific Grebe" am Dienstagmorgen an der Midgard-Pier vertäut. Auf der Weser, auf der die Polizei mit Schlauchbooten patrouilliert, liegt noch Nebel. Foto: Michael Koebl

6 Uhr früh am Dienstagmorgen. Nordenham erwacht langsam zum Leben. Ein erster Streifen Helligkeit schiebt sich am Union-Pier über den auf der Weser liegenden Nebel und verspricht einen Sonnenaufgang wie aus dem Bilderbuch. Ein Schiff liegt in Höhe des Leuchtfeuers auf Reede. Die Lichter an Bord glimmen durch die Dunkelheit, während auf der Strandallee die ersten Jogger ihre frühmorgendliche Runde drehen.

Polizei überwacht Umschlag mit Großaufgebot

Man könnte den Eindruck gewinnen, es sei ein ganz gewöhnlicher Tagesanbruch in Nordenham. Wäre da nicht das Großaufgebot an Polizeieinsatzkräften. Sie patrouillieren in Schlauchbooten auf der Weser, kreisen in einem Hubschrauber über dem Stadtgebiet, haben am Union-Pier und vor der Zufahrt zur Midgard Stellung bezogen. Ihre Mannschaftswagen nehmen, in langen Reihen geparkt, nahezu den gesamten Parkplatz des Hafenunternehmens ein.

Wie viele Einsatzkräfte der Bundes-, der Landes- und der Wasserschutzpolizei gerade in Nordenham im Einsatz sind, mag der Pressesprecher der zuständigen Polizeidirektion Oldenburg am Dienstagmorgen nicht preisgeben - „aus einsatztaktischen Gründen“. Es sind auf jeden Fall viele.

Das Spezialschiff „Pacific Grebe“ hatte am Mittwochabend vergangener Woche den Hafen des britischen Barrow-in-Furness verlassen. Jetzt liegt es an der Midgard-Pier in Nordenham.

Das Spezialschiff „Pacific Grebe“ hatte am Mittwochabend vergangener Woche den Hafen des britischen Barrow-in-Furness verlassen. Jetzt liegt es an der Midgard-Pier. Foto: Sina Schuldt

Die Aufmerksamkeit der Beamten gilt dem Umschlag brisanter Fracht. Das Spezialschiff „Pacific Grebe“ hat sieben Castoren mit radioaktivem Atomabfall aus Großbritannien nach Nordenham gebracht. Sie sind für das Zwischenlager am Kernkraftwerk Isar nahe dem niederbayerischen Landshut bestimmt. Der Weitertransport erfolgt in den nächsten Tagen auf der Schiene.

Um 6 Uhr ist die „Pacific Grebe“ an der Pier vertäut

Um 5.20 Uhr hat die „Pacific Grabe“ am Dienstag Nordenham erreicht. Als das Schiff um 6 Uhr vertäut ist, ist es noch zu dunkel und zu neblig, um vom Union-Pier aus beobachten zu können, was sich bei der Midgard tut. Die Wasserschutzpolizei hat mit einem Einsatzboot am Ponton festgemacht. Gegenüber ist das Bootshaus des Ruderclubs hell erleuchtet. Es dient den Einsatzkräften als „Kommandozentrale“. Sie können sich dort aufwärmen, einen heißen Kaffee trinken, Besprechungen abhalten.

Nicht nur die Wasserschutzpolizei - hier in einem Schlauchboot auf der Weser zu sehen -, sondern auch Kräfte der Bundes- und der Landespolizei sind wegen des Atommüllumschlags in Nordenham im Einsatz.

Nicht nur die Wasserschutzpolizei, sondern auch Kräfte der Bundes- und der Landespolizei sind wegen des Atommüll-Umschlags in Nordenham im Einsatz. Foto: Sina Schuldt

Der Atommüll, den die „Pacific Grebe“ bei der Midgard löscht, stammt aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield. Er ist dort bei der Wiederaufbereitung von Brennstäben aus deutschen Kernkraftwerken angefallen. Die Bundesregierung und die deutschen Kraftwerksbetreiber sind verpflichtet, diese Abfälle zurückzunehmen. Vor viereinhalb Jahren, Anfang November 2020, hatte schon einmal einen Umschlag von Castoren in Nordenham gegeben. Jetzt wiederholt sich das Prozedere.

Boote der Wasserschutzpolizei begleiten Atomfrachter

Die unter britischer Flagge fahrende „Pacific Grebe“ hatte am Mittwochabend vergangener Woche den 65 Kilometer von Sellafield entfernt liegenden Hafen Barrow-in-Furness verlassen - mit Kurs Nordenham. Boote der Wasserschutzpolizei begleiten den Atomfrachter auf dem letzten Stück zum Midgard-Hafen, nachdem er deutsche Küstengewässer erreicht hat.

Ein Castor-Behälter mit radioaktivem Atommüll wird am Dienstagmorgen im Privathafen von Rhenus Midgard in Nordenham von Bord des Spezialfrachters „Pacific Grebe“ gehievt. 

Ein Castor-Behälter mit radioaktivem Atommüll wird am Dienstagmorgen im Privathafen von Rhenus Midgard in Nordenham von Bord des Spezialfrachters „Pacific Grebe“ gehievt. Foto: Sina Schuldt

Als der Nebel sich auf- und Tageslicht die Dunkelheit abgelöst hat, beginnt im Midgard-Hafen der Umschlag der Castoren. Gegen Mittag ist bereits der zweite Behälter auf einen der bereitstehenden Spezialwaggons geladen worden. Wie lange der Umschlag insgesamt dauern und wann sich der Castoren-Zug in Richtung Niederbayern in Bewegung setzen wird, lässt die Polizei offen.

Gesellschaft für Nuklear-Service wickelt Transport ab

Auch Michael Köbl hüllt sich dazu in Schweigen. Der Pressesprecher der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) aus Essen ist am Dienstag vor Ort in Nordenham. Und er ist guter Dinge. Die GNS ist als zentraler Dienstleister für die Rückführung des Atommülls zuständig. „Die Bedingungen sind optimal. Es läuft alles reibungslos“, sagt Michael Köbl am frühen Dienstagnachmittag auf Nachfrage der Redaktion. Das habe ihm auch die Polizei bestätigt, so der GNS-Sprecher.

Ein schwer bewaffneter Polizist hält während des Castoren-Umschlags vor der Einfahrt zum Nordenhamer Midgard-Hafen Wache.

Ein schwer bewaffneter Polizist hält während des Castoren-Umschlags vor der Einfahrt zum Nordenhamer Midgard-Hafen Wache. Foto: Sina Schuldt

Am frühen Dienstagmorgen hatte Michael Köbl in einer Mail mitgeteilt, dass Sachverständige im Hafen an den Castoren Messungen vornehmen, um nachzuweisen, dass der gesetzlich vorgegebene Grenzwert für die Strahlung, die sogenannte Ortsdosisleistung, zuverlässig eingehalten wird. Solche Messungen hatte es bereits in Sellafield gegeben. Der höchste gemessene Wert habe dort bei rund einem Viertel der erlaubten Dosis gelegen, so Michael Köbl.

Der Atommüll-Umschlag in Nordenham hat begonnen

Am frühen Dienstagmorgen hat das Spezialschiff „Pacific Grebe“ mit sieben Castoren mit hoch radioaktivem Atommüll in Nordenham festgemacht. Auf dem Vorplatz des Bahnhofs in Nordenham hielten Atom-Gegner erneut eine Mahnwache ab.

Während Nordenham am Nachmittag schon weitgehend wieder zur Tagesordnung übergegangen ist, halten Atom-Gegner auf dem Bahnhofsvorplatz erneut eine Mahnwache ab. Wie bereits bei der ersten Mahnwache am vergangenen Samstag ist die Anzahl der Demonstranten übersichtlich. Der große Protest bleibt aus.

Die Polizei ist derweil auf einen mehrtägigen Einsatz eingestellt. Gemutmaßt wird, dass der Zug mit den Castoren Nordenham am Mittwochabend verlässt. Offiziell bestätigt ist das jedoch nicht.

Frachter mit Atommüll in Nordenham angekommen

Die „Pacific Grebe" mit hoch radioaktivem Atomabfall an Bord hat am Hafen Nordenham angelegt. Die Castor-Behälter werden im Privathafen von Rhenus Midgard umgeschlagen und dann auf der Schiene in ein Zwischenlager in Niederbayern transportiert.
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die „Pacific Grebe" hat an der Midgard-Pier festgemacht. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die „Pacific Grebe" hat Nordenham von Großbritannien aus angelaufen. Der Spezialfrachter fährt unter britischer Flagge. Foto: Glückselig
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die „Pacific Grebe" ist seit den frühen Morgenstunden sicher an der Midgard-Pier vertäut. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Einsatzkräfte der Wasserschutzpolizei sichern den Hafen, in dem das Spezialschiff „Pacific Grebe" angelegt hat. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Neben der Wasserschutzpolizei sind auch die Landes- und die Bundespolizei in Nordenham im Einsatz. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die Polizei in Schlauchbooten auf der Weser. Ginge es nicht um ein so brisantes Thema, könnte man schon fast von einer idyllischen Szene sprechen. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Der erste Castor-Behälter wird aus dem Laderaum des Spezialschiffs gehoben. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die „Pacific Grebe" auf See. Dieses Spezialschiff, das im November 2020 schon einmal Castoren in Nordenham angeliefert hatte, wurde auch dieses Mal für den Transport eingesetzt. Foto: GNS
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Ein Blick in den Laderaum der "Pacific Grebe". Das Schiff verfügt aus Sicherheitsgründen über eine durchgehende doppelte Schiffswand mit zusätzlichen Verstärkungen zwischen den Wänden.
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die Einsatzfahrzeuge der Polizei nehmen am Dienstagmorgen fast den gesamten Parkplatz der Midgard ein. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Ein schwer bewaffneter Polizist sorgt vor der Zufahrt zur Midgard dafür, dass sich keine Unbefugten Zutritt zum Hafengelände verschaffen. Foto: Sina Schuldt
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Einer der Castoren wird aus dem Laderaum der „Pacific Grebe" gehoben. Foto: Glückselig
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Der Spezialkran lässt bei der Midgard den Castor-Behälter mit radioaktivem Inhalt langsam auf den Boden gleiten. Foto: Glückselig
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Drei Polizisten stehen an der Zufahrt zum Union-Pier und beobachten den Bahnhof. Foto: Hippler
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Die Wasserschutzpolizei patrouilliert mit Schlauchbooten auf der Weser. Foto: Glückselig
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Am Union-Pier liegt ein Einsatzboot der Wasserschutzpolizei. Foto: Glückselig
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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In der Nähe des Union-Piers in Nordenham stehen Polizeiautos. Foto: Hippler
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Der erste Castor-Behälter wird am Dienstagmorgen in einen Eisenbahnwaggon geladen. Foto: GNS
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Es liegt noch Nebel auf der Weser, als die „Pacific Grebe" im Nordenhamer Hafen festmacht. Foto: Michael Koebl
Castor-Umschlag in Nordenham mit hohem Polizeiaufgebot.
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Zwei Polizisten sehen zu, wie der Atomfrachter im Hafen von Nordenham anlegt. Foto: Michael Koebl
Detlef Glückselig

Redaktionsleiter

Er ist mit Leib und Seele Lokaljournalist. Seit 1984 berichtet er aus der Wesermarsch. Es sind die Menschen und ihre Geschichten, die ihn interessieren. Detlef Glückselig ist der Redaktionsleiter der Kreiszeitung.

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