Nordenham

Diskutieren über das Klima: 16 Nordenhamer Schüler sind beim Newscamp dabei

Unwetter, Dürren, Sturmfluten - das Wetter ist extremer geworden. Die Insel Spiekeroog könnte schon 2100 dauerhaft überschwemmt sein. Wie denken junge Menschen aus der Region über die vielen Herausforderungen, die auf sie zukommen?

Diskussionsrunde

Schüler und Fachleute diskutierten Themen rund um den Klimawandel. Von links: Annika Brieber, Jannies Behr, Jutta Eilers, Imke Oltmanns, Ben Biermann, Jonte Wiemers, Charlotte Vollmer und Maja Brandt. Foto: Krabbenhoeft

Maja Brandt und Lisa Jessen werden auf dem Dach des Klimahauses in Bremerhaven interviewt. Sie gehören zu den 16 Schülern der 13. Klasse des Gymnasiums Nordenham, die am Newscamp 24 teilnehmen. Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der Nordsee-Zeitung, der Kreiszeitung Wesermarsch, der Ostfriesen-Zeitung und UseTheNews, einem Projekt der Deutschen Presse-Agentur, ins Leben gerufen.

Unter dem Motto „Unsere Region. Unser Klima. Unsere Stimme.“ setzten sich am Dienstag, 24. September, insgesamt 37 Schüler aus Nordenham und Ostfriesland mit der Zukunft ihrer Heimat auseinander. Gemeinsam mit Fachleuten aus Wissenschaft, Klimaforschung und Journalismus diskutierten sie über die Bedrohung durch den Klimawandel, die Berichterstattung dazu und produzierten eigene Beiträge.

Interview

Lisa Jessen im Interview auf dem Dach des Klimahauses. Die 18-Jährige wünscht sich eine Welt "in der das Klima nicht verrückt spielt." Foto: Krabbenhoeft

Klimaschutz geht alle an

Interessiert Klimaschutz die Schüler? Der Nordenhamer Ole Onken sagt: „Wenn es zu Unwettern bei uns in der Nähe kommt, betrifft mich das schon. Wenn es in anderen Ländern passiert, ist es oft zu weit weg, um unter Freunden zum Thema zu werden.“

Die Schüler teilten sich für den Tag in zwei Gruppen auf. Während die einen Instagram-Reels, kurze Filme zum Thema Klimawandel drehten, bereiteten sich die anderen auf die Podiumsdiskussion vor. Jonte Wiemers moderierte gemeinsam mit Ben Biermann das Gespräch. Mit in der Runde saßen die Meteorologin Annika Brieber, die Redakteurin Imke Oltmanns von der Ostfriesischen Zeitung, die Psychologin Jutta Eilers, der Psychologe Jannies Behr von der universitär-psychiatrischen Klinik Basel und die Schülerinnen Maja Brandt und Charlotte Vollmer.

Zettelsammlung

Als Aufwärmübung für den Tag pinnen die Schüler ihre Sorgen und Ängste in Bezug auf den Klimawandel an die Wand. Foto: Krabbenhoeft

Mit konkreten Ideen gegen die Ohnmacht

„Geben Sie uns eine Einschätzung, wie stark ist die Küste durch Überflutung bedroht?“, bittet Jonte Wiemers die Meteorologin. „Wir sind in der privilegierten Situation, dass wir viel Geld in den Küstenschutz stecken können. 80 Millionen, bald 100 Millionen, werden jedes Jahr in Niedersachsen investiert. Die Orte, die akut bedroht sind, liegen anderswo auf der Erde, wo weniger Geld vorhanden ist“, sagt Annika Brieber.

Charlotte Vollmer und Maya Brandt wohnen an der Nordsee. Dass ihre Heimat überflutet werden könnte, ist auch für sie ein erschreckender Gedanke. Die Bremer Psychologin Jutta Eilers erläutert, dass sie zunehmend Patienten habe, die nicht wissen, wie sie mit ihrer Angst vor Katastrophen umgehen sollen. „Sie erleben viel Ohnmacht und Wut. Aber diese Gefühle sind angesichts der realen Lage gerechtfertigt. Es ist nicht gut sie zu verdrängen. Ich suche mit den Patienten Wege, wie sie handlungsfähig bleiben können.“

Imke Oltmanns berichtet seit fünf, sechs Jahren über die Veränderungen des Klimas. Zukünftige Bedrohungsszenarien werden nicht gern gelesen, da sie weniger konkret sind, sagt sie. Ganz anders ist es mit Geschichten von Menschen, die gelernt haben auf eine Bedrohung zu reagieren. „Da kommen auch Nachfragen, wie man diese Leute erreichen kann“, so die Redakteurin.

Klassenzimmer

Die Vorbereitungen für die Video Reels laufen. Die Schüler produzieren Beiträge für Gleichaltrige. Den Schwerpunkt ihres Beitrages zum Thema Klimawandel setzen sie selbst. Foto: Krabbenhoeft

Schüler stellen kritische Fragen an Redakteurin

Annika Brieber betont, dass die geplante Deicherhöhung auf wissenschaftlichen Berechnungen basiert und für mehrere Jahrzehnte Sicherheit geben wird. Auf lange Sicht müssten die Küstenbewohner allerdings zurückweichen.

Maja Brandts Familie betreibt einen Reitstall und besitzt Ländereien, die die Familie in so einem Fall verlieren würde. „Die wetterbedingten Katastrophen nehmen zu. Es passiert in Deutschland, nicht irgendwo. Die Bedrohung ist für uns real“, sagt die Schülerin.

Luisa Sievers fragt nach, wieso die Medien nicht früher und mit mehr Dringlichkeit über den Klimawandel berichtet hätten, da seit etwa 40 Jahren bekannt sei, dass etwas getan werden müsse. Die Fachleute waren sich einig, dass hier ein Versäumnis der gesamten Gesellschaft vorliegt. Eine Gefahr ist unterschätzt worden. Das Bewusstsein für Klimaschutz ist zwar gestiegen, aber die Veränderung passiert zu langsam.

Um Menschen zum Handeln zu motivieren, muss man ihnen konkrete Möglichkeiten aufzeigen, wie sie in ihrem Umfeld wirksam werden können, betonte Jannies Behr. Für die Medien bedeute das, vor allem Geschichten von Menschen zu erzählen, die als Vorbild dienen können.

Gruppe

Die Schüler erhalten exklusive Einblicke in die Extremwetter-Ausstellung. Die Räume sind noch im Aufbau. Foto: Krabbenhoeft

Exklusiver Einblick in neue Ausstellung

Ein weiteres Highlight für die Teilnehmer des Newscamp 24 war der Besuch der sich noch im Bau befindlichen Extremwetter-Ausstellung des Klimahauses. Ereignisse wie Sturm, Starkregen und Dürre sollen dort bald auf drei Ebenen mit insgesamt sieben Bühnen hautnah erlebbar werden. Kern der Ausstellung ist eine Hubplattform, die zu 360 Grad drehbar ist.

Am Ende des Tages sagt Tanja Pautsch, die Klassenlehrerin der Nordenhamer: „Es war großartig. Wir wären sofort wieder dabei.“ Bei der Feedbackrunde gehen die Daumen der Schüler reihenweise in die Höhe.

Sabrina Krabbenhoeft

Redakteurin

Sabrina Krabbenhoeft, Jahrgang 1973, studierte Freie Kunst in den Niederlanden, bevor es sie nach Berlin zog. Eine Ausbildung zur Körpertherapeutin folgte. 2019 kehrte sie zurück in den Norden. Ihre Hobbies, Reisen und Schreiben, ließen sie 2022 bei der Nordsee-Zeitung anheuern.

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