Panorama

Die Vogelschutzgebiete der Wesermarsch: Faszinierendes Naturschauspiel und wertvoller Lebensraum

Die Wesermarsch ist ein Paradies für Naturfreunde, insbesondere für Vogelliebhaber. Hier leben zahllose Vogelarten, von denen einige in den Wiesen und Marschen ihre Brutgebiete haben, während andere die wasserreichen Grünlandflächen als Raststation auf dem Vogelzug oder für die Nahrungssuche nutzen. Vor allem für Vogelarten, die in Feuchtgebieten brüten, ist die Erhaltung der Naturräume der Wesermarschen essenziell.

Wildvögel

Für Säbelschnäbler und andere Limikolen ist die Wesermarsch ein wichtiger Rückzugsort. Foto: Georg_Wietschorke @ pixabay.com

Viele der hier lebenden Wildvögel sind in ihrem Bestand stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht – ihrem Schutz dienen vier EU-Vogelschutzgebiete, die sich ganz oder zum Teil in der Wesermarsch befinden.

Birding: Vogelbeobachtung in der Wesermarsch

Im Vogelparadies Wesermarsch lassen sich Wildvögel verschiedenster Arten zu jeder Jahreszeit gut beobachten. Das macht die Region zu einem Hotspot für Birding in Deutschland. Birding beziehungsweise Birdwatching ist dabei einfach der englische Begriff für die Vogelbeobachtung, die nicht nur von Wissenschaftlern, sondern auch von vogelbegeisterten Laien ausgeübt wird. Sich selbst nennen die Hobby-Ornithologen entsprechend Birder. Besonders ambitionierte Vertreter reisen schon mal um die halbe Welt, um seltene Exemplare zu Gesicht zu bekommen. Wer diesen Aufwand für übertrieben hält, kann sich aber auch ebenso gut in heimischen Gefilden wie der Wesermarsch dem Birding widmen. Wichtig ist, bei der Beobachtung stets den Respekt vor der Natur zu wahren, also die Tiere nicht zu verschrecken und sich keinesfalls Gelegen oder Jungvögeln zu nähern. Dies sollte nicht nur in ausgewiesenen Schutzgebieten, sondern überall in der freien Natur gelten. Für Familien mit tierlieben Kindern ist ein Birding-Ausflug im Vogelschutzgebiet eine tolle Alternative zum Zoo- oder Wildtierpark-Besuch: Die Kids lernen die Vögel in ihrem natürlichen Habitat und damit den Zusammenhang zwischen der Erhaltung der Lebensräume und dem Schutz der Tiere kennen.

Die Vogelschutzgebiete der Wesermarsch

In den Wesermarschen sind vier Gebiete als EU-Vogelschutzgebiete ausgewiesen. Mancherorts gibt es Naturerlebnispfade und Vogelbeobachtungshütten. Zudem kann man sich vorab auf Birding-Foren über die besten Zeiten für die Beobachtung, also etwa die Zeiträume des Zugs bestimmter Zugvögel, informieren.

V01 Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer

Das EU-Vogelschutzgebiet Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer umfasst eine Gesamtfläche von 354.600 Hektar und erstreckt sich an der Nordseeküste Niedersachsens von der Elbmündung bei Cuxhaven bis zur Grenze mit den Niederlanden im Dollart. Es überschneidet sich mit dem Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Naturräumlich äußerst vielgestaltig, gehören zum Schutzgebiet die Marschlande mit Feucht- und Nasswiesen, weitläufige Wattflächen und Salzwiesen sowie Sandbänke, Riffe und Düneninseln in den küstennahen Flachwasserzonen der Nordsee. Entsprechend vielfältig zeigt sich auch die Vogelwelt – hier gibt es weit mehr als Möwen (Dreizehenmöwe, Heringsmöwe, Lachmöwe, Mantelmöwe, Silbermöwe, Sturmmöwe und Zwergmöwe), von diesen allerdings Tausende. Viele weitere Wildvögel sind hier als Gast- und Zugvögel anzutreffen. Brandgänse, Trauer- und Eiderenten verbringen die Zeit des Gefiederwechsels im Wattenmeer, an der Küste überwintern unter anderem Berghänfling und Ohrenlerche. Außerdem halten sich im Schutzgebiet diverse streng geschützte Arten auf, etwa die Zwergseeschwalbe und der Seeregenpfeifer. Auch Vögel des offenen Küstenmeeres (Sterntaucher und Tordalk) machen in den maximal 12 Meter tiefen und fischreichen Flachwasserzonen Rast. Durch die Gezeiten ist ein üppiges Nahrungsangebot mit Krebsen, Muscheln und Schnecken vorhanden, an dem sich Limikolen wie Austernfischer, Dunkler Wasserläufer und Meerstrandläufer gütlich tun. Das Wattenmeer ist ein Kernbrutgebiet für Brandseeschwalbe, Lachseeschwalbe, Löffler und Säbelschnäbler. Landeinwärts der Festlandküste befinden sich in den Grünland- und Wiesenflächen die Brutlebensräume für Feldlerche, Kiebitz, Rotschenkel, Schafstelze und Uferschnepfe.

V11 Hunteniederung

Östlich von Oldenburg liegt das EU-Vogelschutzgebiet Hunteniederung um die von der Tide beeinflusste Hunte, die ein Nebenfluss der Weser ist. Die eingedeichten, in großen Teilen unter dem Meeresspiegel gelegenen Feucht- und Nasswiesen dienen zahlreichen Wasser- und Watvögeln, darunter dem Zwergschwan und der Pfeifente, als Überwinterungs- beziehungsweise Rastgebiet. Die Löffelente brütet hier, ebenso verschiedene Wiesenbrüter, zum Beispiel Brachvogel, Bekassine und Wiesenpieper. Gut zu wissen: Auf den Bornhorster Huntewiesen können seit 2013 mit einem hierfür errichteten Stauwehr die Wasserstände reguliert und dadurch für diese Wiesenvögel wichtige Lebensräume erhalten und geschaffen werden, was zu messbaren Bestandszunahmen geführt hat. Erforderlich wurde die Maßnahme, weil durch das 1979 in Betrieb genommene Huntesperrwerk die Wasserstände der Feuchtgrünlandflächen regelmäßig zu niedrig waren, um den Wildvögeln optimale Bedingungen zu bieten.

V64 Marschen am Jadebusen

Dieses EU-Vogelschutzgebiet grenzt an das EU-Vogelschutzgebiet Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer und ist von diesem an den meisten Stellen nur durch den Hauptdeich getrennt. Bei den Marschen am Jadebusen handelt es sich nicht um ein einziges zusammenhängendes Areal, sondern um mehrere Teilflächen rund um den Jadebusen. Hauptsächlich besteht das Schutzgebiet aus offenem, vor allem als Grünland, aber auch als Ackerland genutztem Marschland. Typisch für die Gegend sind zudem die sogenannten Pütten, ehemalige Kleiboden-Entnahmestellen, in denen sich Stillgewässer gebildet haben. Aufgrund der Nähe zu Salzwiesen und Wattenmeer werden die Marschen von vielen dort lebenden Watvögeln und Möwen als Hochwasserrastplatz und zur Nahrungssuche genutzt. Außerdem lassen sich unzählige Gast- und Zugvögel (Gänse und Enten) in dem Schutzgebiet nieder, um Nahrungsreserven für die Reise in ihre weiter nördlich gelegenen Brutgebiete anzulegen. Wiesenlimikolen verschiedenster Arten (darunter der überaus scheue, vom Aussterben bedrohte Wachtelkönig) haben in dem Schutzgebiet ihre Brutplätze. Vor allem die Jader Marsch und der Augustgroden mit seinen Kleipütten stellen wichtige Brutgebiete für Wiesenvögel dar.

V65 Butjadingen

Das Vogelschutzgebiet Butjadingen befindet sich auf der gleichnamigen Halbinsel und grenzt ebenso wie die Marschen am Jadebusen in weiten Teilen an den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (EU-Vogelschutzgebiet V01). Landschaftlich und auch hinsichtlich der anzutreffenden Vogelarten sind sich die beiden Vogelschutzgebiete recht ähnlich. Die offene Marschlandschaft ist flach und mit Ausnahme kleiner Gehölze auf Bauernhöfen nahezu baumlos. Grüne Wiesen, durchzogen von Sielen und Gräben prägen das Bild. Hier finden Wiesenvögel wie die Uferschnepfe und der Rotschenkel ideale Bedingungen zum Brüten. Auch der Kiebitz, 2024 erneut „Vogel des Jahres“, brütet auf den Feuchtwiesen. Darüber hinaus ist Butjadingen für viele andere Wildvögel Rast- und Nahrungsgebiet, insbesondere für Zugvögel wie mehrere Arten nordischer Gänse (Blässgans und Weißwangengans). Auch Graugänse, Sturmmöwen und Goldregenpfeifer sind hier als Gastvögel anzutreffen.

Auch außerhalb dieser vier Vogelschutzgebiete gibt es in der Wesermarsch jede Menge lohnender Ziele für (passionierte oder angehende) Birder, darunter mehrere als Naturschutzgebiete ausgewiesene Areale wie etwa der Jaderberg, wo seit über 50 Jahren eine Graureiher-Kolonie lebt, oder die Tideweser mit ausgedehnten Wasserflächen, Flussauen, Flussinseln und Röhrichten, wo Rohrdommel und Seeadler anzutreffen sind.

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