Zeven

Zeven: So sollen Angeklagte Hanf-Plantage betrieben und Strom gestohlen haben

Sie sollen in Zeven an der Bremer Straße illegal Cannabis angebaut und den Stadtwerken Strom gestohlen haben. Die Indoor-Plantage flog im März 2019 auf. Doch der Prozess gegen zwei Angeklagte am Amtsgericht ist ausgesetzt. Das hat mehrere Gründe.

Um den illegalen Anbau von Cannabis-Pflanzen in einer Indoor-Plantage an der Bremer Straße in Zeven dreht sich ein Prozess in Zeven.

Um den illegalen Anbau von Cannabis-Pflanzen in einer Indoor-Plantage an der Bremer Straße in Zeven dreht sich ein Prozess in Zeven. Foto: Berg/dpa

Zwei Angeklagte müssen sich derzeit vor dem Amtsgericht in Zeven verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ unerlaubt Handel getrieben zu haben. Darüber hinaus sollen sie für den Betrieb einer Cannabis-Indoor-Plantage illegal Strom im Wert von rund 9.300 Euro abgezweigt haben.

Der Tatvorwurf bezieht sich auf den Zeitraum von Januar bis März 2019. Die Indoor-Plantage an der Bremer Straße flog auf, nachdem die Polizei einen Hinweis erhalten hatte und die Räume am 6. März 2019 durchsuchte. Jetzt, vier Jahre später, gab es vor dem Amtsgericht Zeven den dritten Anlauf, um das Geschehen in einem Prozess aufzuarbeiten.

Prozess gerät nach wenigen Minuten ins Stocken

Doch der stockte schon nach wenigen Minuten. Die Verteidiger der beiden Angeklagten monierten, zum Auftakt eine rund 240 Seiten dicke Akte mit Dokumenten, Bildern und Informationen bekommen zu haben, für die es angesichts des Umfangs mehr Vorbereitungszeit benötige - und nicht nur wenige Minuten im Zuge eines Selbstleseverfahrens am Prozesstag.

Vorsitzender Richter Erik Steinmetz unterbrach die Hauptverhandlung, setzte sie dann trotz der Kritik eine dreiviertel Stunde später fort und begann mit der Beweisaufnahme. In den Zeugenstand trat der Eigentümer der Halle, die zuvor vom DRK genutzt worden war. 2016 habe er sie gekauft und zum 1. November desselben Jahres an den Angeklagten D. vermietet. Zum Abstellen von Autos, wie es vom Mieter geheißen habe.

Fenster der vermieteten Halle verhangen

Anfangs war die Halle einsehbar, später seien die Fenster jedoch verhangen gewesen. Irgendwann hätten die Mieter ohne Absprache ein anderes Türschloss eingebaut. Das habe der Vermieter „so hingenommen“, wie er aussagte. Als die Mietzahlung ab Anfang 2019 ausblieb, sei der Vertrag gekündigt worden.

Ein Nachbar des Grundstückes der Halle, in dem Plantage betrieben wurde, sagte aus, er habe ab und zu Autos und Sprinter aus dem Raum Bremen oder Osterholz zur Halle fahren sehen, im Grunde nichts Auffälliges. Mehr Aufschluss gab die Aussage eines Zevener Polizisten. Nach einem Hinweis auf verdächtiges Geschehen an der Bremer Straße sei die Halle durchsucht, die darin „professionell betriebene“ Indoor-Plantage entdeckt worden. 847 Cannabis-Pflanzen seien dort zu dem Zeitpunkt aufgezogen worden. Ein weiterer Bereich habe sich im Aufbau befunden.

Polizei durchsucht Wohnung des Hallenmieters

Auch die Wohnung des Hallenmieters D. in Delmenhorst sei durchsucht worden. Pflanztagebücher sowie Einkaufslisten für Düngemittel oder 600-Watt-Leuchten für das Betreiben einer solchen Plantage seien gefunden worden, zudem Fingerabdrücke und DNA-Spuren, die die Polizei annehmen lassen, dass der Angeklagte beteiligt war. Zudem fanden sie Korrespondenz mit den Zevener Stadtwerken.

In der Halle sei außerdem der Stromanschluss „manipuliert“ worden, so die Polizei. Offensichtlich, um die Plantage mit illegal gezogener Energie zu betreiben. Das sei professionell über ein am Zähler vorbei gelegtes Kabel geschehen.

Saß der zweite Angeklagte in Fluchtauto?

Das Auto des zweiten Angeklagten S. sei wenige Tage vor der Durchsuchung auf dem Zevener Hallengrundstück gesehen worden. Als Kriminaltechniker vor Ort waren, sei es ebenfalls aufgetaucht. Der Fahrer sei beim Anblick der Polizei geflüchtet. Auch dieser steht im Verdacht, beteiligt gewesen zu sein. Seit wann die Stromanlage manipuliert sei? „Das kann man nur vermuten“, so der Polizist. Er erklärte Beweisfotos vom Innenleben der Halle, in der die illegale Plantage mit wenige Wochen alten Pflanzen betrieben wurde.

Nachdem der Verteidiger von S. vorbrachte, von seinem Mandanten seien DNA-Spuren nur in einem Vorraum, nicht aber im Bereich der Plantage gefunden worden, die beiden Angeklagten würden sich nicht kennen und zudem könne eine andere Person im genannten Auto gesessen haben, bilanzierte er: „Hier sitzt der Falsche.“

Ort des Verfahrens: Das Amtsgericht in Zeven.

Ort des Verfahrens: Das Amtsgericht in Zeven. Foto: Hilken

Eine Mitarbeiterin der Stadtwerke erläuterte derweil Feststellungen zum Stromdiebstahl. Anhand einer Zeitschaltuhr habe die Laufzeit der angeschlossenen Geräte und somit der nicht über den Zähler laufende Verbrauch hochgerechnet werden können - für den Zeitraum von November 2016 bis März 2019: Energie für rund 133.000 Euro. Da dies aber nur eine Annahme ist, würde es laut Verteidiger „strafrechtlich nicht reichen“.

Eine Verplombung des manipulierten Stromkastens irritierte, sodass Elektriker als Zeugen befragt werden sollten. Dieser Aufklärungsbedarf war am Prozesstag nicht möglich. Einen neuen Termin für die Hauptverhandlung innerhalb der vorgeschriebenen Frist von drei Wochen zu finden, war für die Verteidiger nicht möglich. Das führte dazu, dass der Prozess ausgesetzt wurde und die Strafsache zu einem noch nicht feststehenden Termin vollständig neu verhandelt werden muss. Der vierte Anlauf.

Das Amtsgericht in Zeven.

Ort des Verfahrens: Das Amtsgericht in Zeven. Foto: Hilken

Lutz Hilken

Lutz Hilken ist in Zeven geboren und in der Region aufgewachsen. Seit 1987 schreibt er über so ziemlich alles, was die Menschen bewegt - außer Sport. Privat zieht es ihn mit Vorliebe in die Natur, um auf langen Wanderungen abzuschalten.

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