Wir lieben das Leben – aber mit Kopfhörern!

Im Zug auf dem Weg zur Arbeit höre ich meistens Klassik, weil ich gleichzeitig lesen möchte – sonst kann ich mich nicht konzentrieren. Das ist an sich schon Multitasking, seit einiger Zeit höre ich aber auch noch viel mehr. Heute früh zum Beispiel lustige, englische TikToks, aber auch schon Chart-Hits, Schlager oder harten Deutsch-Rap. So laut, dass es selbst durch die Geräuschunterdrückung meiner Kopfhörer dringt.

Immer mehr Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln lassen ihre Mit-Passagiere an ihrem Musik-, Video- oder Podcastgeschmack freimütig teilhaben. Und manchmal überraschen sie mich dabei auch! Wie etwa neulich der etwa 15-Jährige in Baggy-Jeans und Hoodie, aus dessen Lautsprechern „Ich liebe das Leben“ von Vicky Leandros drang. Danach habe ich eine Weile darüber nachgedacht, ob das persönlicher Geschmack oder Social-Media-Trendsound ist.

Ich selbst liebe das Leben allerdings ein wenig mehr, wenn sich auf meinem Arbeitsweg nicht drei verschiedene Songs und zwei Podcasts miteinander mischen. Wenn ich selbst entscheiden darf, welche Musik ich höre, während ich im Halbschlaf an meinem Coffee-to-go schlürfe. Und ich frage mich, wann es selbstverständlich geworden ist, so lautstark durchs Leben zu gehen.

Oder meinen Sie, ich sollte mal mit Beethoven kontern, wenn das nächste Mal Shirin David durch die NWB schallt? Vielleicht muss ich mich auch wirklich mal locker machen und ein bisschen lustige TikToks gucken – ich würde das allerdings erst mal zu Hause tun. Oder über Kopfhörer.