Bremerhaven

Renommierter Galerist schenkt dem Bremerhavener Kunstverein gut 40 Werke

Stellen Sie sich vor, der TSV Wulsdorf würde in der Bundesliga kicken. Undenkbar? In der Kunst ist das möglich. Die Bremerhavener Kunsthalle spielt seit Jahren ganz oben mit. Die Schenkung von Alexander Schröder beweist das erneut.

Angelehnt an die realen Container, aber wirklich nur angelehnt, hat Manfred Pernice einen Behälter für die Kunst entworfen, in dem unter anderem ein abstraktes Bild von Andy Warhol hängt.

Angelehnt an die realen Container, aber wirklich nur angelehnt, hat Manfred Pernice einen Behälter für die Kunst entworfen, in dem unter anderem ein abstraktes Bild von Andy Warhol hängt. Foto: Hartmann

Alexander Schröder ist der Mann, der den Transfermarkt für vielversprechende Künstler genau kennt. Und über Jahrzehnte beobachtet hat. Was er in seiner Galerie und anderen Ausstellungen sah, gefiel ihm so gut, dass er erst ein Werk kaufte, dann noch eines - bis er eine bedeutende Sammlung zusammen hatte. Doch wohin mit all diesen Arbeiten? Schröder, 1968 in Berlin geboren, trennt sich gerade von vielen Werken. Einige Arbeiten gab er bereits an das Museum Ludwig in Köln und an das Museum für moderne Kunst in Wien (Mumok). Und jetzt ist Bremerhaven an der Reihe. Schröder trennt sich noch einmal von 40 Arbeiten, die hier ein neues Zuhause finden. „Wir haben wirklich etwas zu feiern“, freut sich Peter Klett, der jetzige Vorsitzende des Kunstvereins. „Und der Mann, dem wir das alles zu verdanken haben, steht ganz bescheiden da.“

Schröder - „einer der profiliertesten Sammler von Gegenwartskunst“, so Klett - verbindet mit der Seestadt - genauer gesagt mit der Familie Wesseler - eine lange Verbindung. Die Kunstliebhaber aus Bremerhaven und Berlin witterten frühzeitig die Trends auf dem Kunstmarkt, lange bevor sie sich durchsetzten. Sie begeisterten sich für die Konzeptkunst, Jürgen Wesseler noch ein bisschen früher als Schröder. „Seit den 90er Jahren gab es zwischen ihnen einen lebhaften Austausch“, erinnert sich Moritz Wesseler, seit 2018 Direktor des Museums Fridericianum in Kassel, dem das Erbe seines Vaters am Herzen liegt. „Programmatisch gab es da viele Überschneidungen.“

Das Ladenlokal wurde zum Mythos

Wesseler, der unermüdliche Streiter für die Avantgarde, von 1987 bis 2012 Vorsitzender des Kunstvereins, schaffte es, Bremerhaven auf der Kunst-Landkarte zu verorten. Das Kabinett für aktuelle Kunst, das unscheinbare kleine Ladenlokal, wurde im Laufe der Jahrzehnte zum Mythos, nicht nur bundesweit bekannt, sondern auch in der New Yorker und Pariser Kunstszene. „Das waren intensive Jahre“, erinnert sich Kai Kähler, der ehemalige Vorsitzende des Kunstvereins.

Alexander Schröder, in Hamburg aufgewachsen und aus einer Sammlerfamilie stammend, studierte zunächst Kunst, wechselte nach seinem Abschluss ins Galerie-Fach. „Ich war zu ungeduldig für den Künstlerberuf und Berlin war einfach zu spannend“, begründete er seine Entscheidung einmal. Deshalb gründete er 1994 zusammen mit Thilo Warmke die Galerie Neu in Berlin. Wie Wesseler hatte er Spaß daran, Ausstellungen zu kuratieren. Und wenn ihm etwas gefiel, kaufte er es - nicht nur in seiner Galerie, sondern auch auf Messen und anderen Orten.

1997 zum ersten Mal in Bremerhaven

Wesseler und Schröder begeisterten sich oft für dieselben Künstler - unter anderem für Sergej Jensen, Katharina Wulff, Andreas Slominski und Manfred Pernice. „Das erste Mal war ich 1997 in Bremerhaven“, erinnert sich Schröder. „Viele Künstler von uns haben hier das Stipendium bekommen. Dass ich viele Arbeiten aus deren Anfangszeit jetzt zurückgeben kann, gefällt mir sehr gut.“

So wie den Sperrholz-Container von Pernice, der in der Kunsthalle festgemacht hat. „Der Künstler hat oft bei uns am Küchentisch gesessen“, erinnert sich Moritz Wesseler. Pernice, heute Professor an der Universität der Künste in Berlin, hat sie während seines Stipendiums 1997/98 in Bremerhaven konzipiert. „Pernice war von den Containern fasziniert, als er damals hier war“, weiß Stefanie Kleefeld, die Direktorin von Kunsthalle und Kunstmuseum. Und Pernice baute einen Container für die Kunst, in dem unter anderem ein abstrakter Andy Warhol hängt.

Ein Behälter ist ein Behälter, oder? Ganz so einfach ist die Sache nicht. „Die Natur der Sache ist immer eine andere“, hat Manfred Pernice einmal auf einer seiner Zeichnungen notiert, die er 1997 im Kabinett für aktuelle Kunst in Bremerhaven zeigte. Demzufolge bleibt eine Pressspanplatte nicht immer eine Pressspanplatte. Mal verwandelt sie sich in ein zweckdienliches Möbel, mal wird aus dem schlichten Baumaterial eine viel bestaunte Installation.

Der Künstler betont das Unfertige

Die formale Gestaltung dieser Skulpturen ist weder elegant noch schön. Vielmehr betont der Künstler das Unfertige, das Fragmentarische. Seine Arbeiten sind in der Lage, ihre Umgebung neu zu strukturieren - wie die nun geschenkte Arbeit, die den Raum, in dem sie steht, verändert. Zum ersten Mal ausgestellt wurde sie in der Anton Kern Gallery in New York. Dort verstellte sie den Durchgang. Auch in der Kunsthalle ist sie so platziert, dass die Besucher nicht um sie herumgehen können. Da ist die Treppe im Weg.

Pernices Behälter für die Kunst bildet den Appetithappen für die große Ausstellung im November im Kunstmuseum. Dann werden die Werke der Schenkung in einen Dialog treten zu denen aus der Sammlung. „Das passt gut zu meiner Idee, das Haus immer wieder neu zu denken“, freut sich Kleefeld.

Der Sammler Alexander Schröder schenkt dem Bremerhavener Kunstverein gut 40 Arbeiten, eine ist der Sperrholz-Container von Manfred Pernice, in dem er steht.

Der Sammler Alexander Schröder schenkt dem Bremerhavener Kunstverein gut 40 Arbeiten, eine ist der Sperrholz-Container von Manfred Pernice, in dem er steht. Foto: Hartmann

Anne Stürzer
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