Bremerhaven

Bremerhavens Koalition ändert die Spielregeln

In Bremerhavens Stadtverordnetenversammlung sei immer öffentlich abgestimmt worden, sagen Kommunalpolitiker. Dann kam die AfD und öfter der Ruf nach geheimer Wahl. Die Koalition hat eine Lösung gefunden. Doch die Änderungen stehen auch in der Kritik.

Die Koalition nimmt es vorweg: Wird nicht mehr so oft geheime Wahl beantragen können: Thomas Jürgewitz von der AfD.

Die Koalition nimmt es vorweg: Wird nicht mehr so oft geheime Wahl beantragen können: Thomas Jürgewitz von der AfD. Foto: Scheschonka

Stadtverordneter Thomas Jürgewitz (AfD) hat in der vergangenen Wahlperiode oft geheime Wahl beantragt, wenn es darum ging, Posten zu besetzen. Nun ist die Geschäftsordnung geändert. Oppositionsparteien kritisieren mehrere Änderungen, die die Bremerhavener Koalition durchgesetzt hat.

Während Jürgewitz des Öfteren argumentierte, dass sich Stadtverordnete bei geheimer Wahl trauen, ehrlich abzustimmen, hält es die Mehrheit der Kommunalpolitiker offenbar für eine Taktik. Durch die langen Abstimmungs- und Zählprozesse werden die Sitzungen in die Länge gezogen - so lange, bis kaum einer mehr sie verfolgt.

In der ersten Sitzung der neuen Legislaturperiode am Dienstag hat die SPD der AfD keine Bühne bieten wollen und bei den Personenwahlen geheime Wahlen beantragt. Das war vorbereitet - Abstimmung in drei Wahlkabinen parallel - so dass der Prozess etwas zügiger voranging.

Koalition ändert Geschäftsordnung mit Mehrheit

Zudem hat die Mehrheitskoalition aus SPD, CDU und FDP mit ihrer Stimmenmehrheit Änderungen an der Geschäftsordnung beschlossen - nicht alle mit Unterstützung der Opposition.

Die AfD kann nicht mehr so oft geheime Wahlen fordern, weil die Koalition es vorweggenommen hat: Der Vorstand der Stadtverordnetenversammlung und Magistrats-Mitglieder werden grundsätzlich geheim gewählt.

„Warum müssen wir denn Vorstand und Magistrat automatisch geheim wählen?“, fragte Jan Timke von Bündnis Deutschland (BD/früher: Bürger in Wut). Eine schlüssige Antwort erhielt er nicht.

Hauke Hilz hielt nur dagegen, dass, wenn einer geheime Wahl wollte, bislang alle Stadtverordneten dem einen, der beantragt hat, folgen mussten, ob sie wollten oder nicht.

Ebenfalls neu: Die Ausschüsse haben nur 10 statt 14 Mitglieder. Nach dem Zählverfahren entfallen auf SPD (4), CDU (3), BD (2) und Grüne (1). Damit kassierte die Koalition aus SPD, CDU und FDP Kritik von den Grünen und den Linken. Tenor: Dort, wo inhaltlich und intensiv gearbeitet wird, solle man nicht an Personal sparen.

De facto haben die Ausschüsse aber auch nach dieser Entscheidung mehr Mitglieder. Denn AfD, Linke und FDP erhalten in jedem Ausschuss einen Sitz, da sie sonst nach dem angewandten Auszählverfahren nicht in Ausschüssen vertreten wären.

Und auch die Einzelstadtverordneten Carsten Baumann-Duderstaedt (Die Partei) und Sven Lichtenfeld können jeweils einen Sitz in bis zu vier Ausschüssen einnehmen.

Neu und beschlossen: Das Jugendparlament erhält in jedem Ausschuss einen Sitz.

Einwohnerfragestunde ist nun geändert

Die Änderungen bei der Einwohnerfragestunde wurden auch diskutiert: Fragen können jetzt nur an den Ausschussvorsitzenden, also Stadträte, gerichtet werden. Denn es sei ein Instrument zwischen Bürger und Verwaltung. Ausschussmitglieder, also Stadtverordnete, „sind für den Bürger immer ansprechbar“, sagt Hauke Hilz (FDP).

Ob Fragesteller anwesend sind oder nicht - Anfragen müssen nun immer auch schriftlich beantwortet und dem Fragesteller und den Ausschussmitgliedern bis zur nächsten Sitzung zugesandt werden.

XPOS: Standpunkt_Grundtext_2022

Abstimmung und Bürgerfragen: Die Koalition hat Änderungen durchgesetzt.

Abstimmung und Bürgerfragen: Die Koalition hat Änderungen durchgesetzt. Foto: Scheschonka

Maike Wessolowski

Reporterin

Maike Wessolowski wurde in Remscheid geboren. Die ausgebildete Reiseverkehrskauffrau und Reporterin lebte und arbeitete in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen, bis sie 2018 in Bremerhaven festmachte. An der Region schätzt sie: Menschen, Maritimes, Möglichkeiten.

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