Rotenburg

Arche-Hof: Hier starten alte Nutztierrassen wieder durch

Ostfriesische Möwen, Bunte Bentheimer und Westfälische Totleger, sie haben eines gemeinsam: Diese Nutztierrassen sind vom Aussterben bedroht. Nun soll ein ganz besonderes Projekt ihnen eine Zuflucht bieten und ihr Überleben sichern.

Das Foto zeigt Jana Ingerowski mit einem Walachenbock.

Jana Ingerowski aus Ahlerstedt züchtet Walachenschafe. Gut 70 Schafe hält sie auf ihrem Hof und trägt damit zum Überleben dieser bedrohten Nutztierrasse bei. Foto: Jakob Brandt

Keine alte Nutztierrasse soll mehr aussterben: Das hat sich die vor 40 Jahren gegründete Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) zum Ziel gesetzt. Und das ist ihr bislang auch gelungen - dank des Einsatzes von vielen Landwirten und Hobbyhaltern, die der Weißen gehörnten Moorschnucke oder dem Bunten Bentheimer Schwein ein Überleben auf ihren Höfen ermöglicht haben.

Mehr als 100 Rassen auf der „Roten Liste“

Trotzdem führt die Gesellschaft noch mehr als 100 Rassen auf ihrer „Roten Liste der gefährdeten Haustierrassen“. Um die in ihrem Bestand bedrohten Tiere zu züchten und in der landwirtschaftlichen Produktion zu halten, hat die GEH schon 1995 das Arche-Projekt ins Leben gerufen. Kern des Projekts sind die Arche-Höfe. Diese integrieren alte Rassen bewusst in ihr Betriebskonzept und vermarkten getreu dem Motto „Erhalten durch Nutzen“ Fleisch, Milch, Wolle und Eier ihrer Tiere.

Für Hofläden sehr interessant

„Wir ermutigen alle aktiven Landwirte, sich zusätzlich auf diesem Feld zu engagieren“, betont Wolfgang M. Schüßler, Sprecher der GEH-Regionalgruppe Elbe-Weser-Dreieck. Die Auszeichnung Arche-Hof, sagt er, sei eine gute Möglichkeit, die eigenen Produkte zu bewerben. Gerade Betriebe mit Hofläden und Schulbauernhöfe würden sich für dieses Thema sehr interessieren.

Besucher sind auf Arche-Höfen willkommen

Wichtiger Nebenaspekt dieses Projekts ist die Öffentlichkeitsarbeit. Auf den Arche-Höfen sollen sich Besucher umfassend über die Nutztiervielfalt und die Haltung der Tiere informieren können.

Pustertaler Sprinzen machen optisch was her. Diese Rasse ist ursprünglich in Tirol beheimatet, ist jetzt aber auch im norddeutschen Flachland angekommen.

Pustertaler Sprinzen machen optisch was her. Diese Rasse ist ursprünglich in Tirol beheimatet, ist jetzt aber auch im norddeutschen Flachland angekommen.

Die Betriebe sind angehalten, sich zu öffnen und auch Hofführungen anzubieten. „Wir haben gezielt nach einem Weg gesucht, die Arbeit der GEH darzustellen“, sagt Schüßler. „Die Leute sollen nicht nur über gefährdete Haustierrassen reden, sie sollen sich die Tiere auch ansehen können.“

Noch kein Arche-Hof im Elbe-Weser-Raum

Wer von der Gesellschaft als Arche-Hof anerkannt werden will, muss mindestens drei Nutztierrassen aus zwei verschiedenen Tierartengruppen halten. Wichtig ist eine artgerechte Haltung der Tiere. Auch sollen bevorzugt regionale, an den Standort angepasste Rassen gehalten werden.

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Die Leute sollen nicht nur über gefährdete Haustierrassen Thema reden, sie sollen sich die Tiere auch ansehen können.

Wolfgang M. Schüßler

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Der GEH zufolge gibt es bundesweit mehr als 100 Arche-Höfe, im gesamten Elbe-Weser-Dreieck allerdings keinen einzigen. Das möchte Schüßler ändern und hofft, Landwirte für das Projekt begeistern zu können. Das es möglich ist, zeigt die Situation auf der anderen Seite der Weser. Dort gibt es um die 20 Arche-Höfe.

Vier Betriebe für ein Arche-Dorf

Die Idee des Arche-Dorfes ist noch wenig bekannt. An dieser Geschichte beteiligen sich mindestens vier Betriebe eines Dorfes, die jeweils wenigstens zwei bedrohte Rassen halten. Idealerweise sollten sich die Höfe durch unterschiedliche Schwerpunkte und Stärken auszeichnen, damit Besucher die große Vielfalt der Nutztierrassen kennenlernen können.

„Beim Arche-Dorf ist auch die Unterschiedlichkeit der Landwirtschaft besser darstellbar“, sagt Schüßler. „Viele Menschen wissen gar nicht, dass sich die Höfe von ihrer Struktur her stark unterscheiden.“ Wichtig bei dieser Geschichte sei allerdings, dass die Chemie zwischen den teilnehmenden Betrieben stimme.

Arche-Region hat auch den Tourismus im Blick

Vergleichbar mit dem Arche-Dorf ist die Arche-Region. Mindestens sechs Betriebe einer räumlich abgrenzbaren Region müssen hierbei mitmachen. Region: Das kann ein Landkreis sein, das kann aber auch ein Naturraum wie das Teufelsmoor, die Zevener Geest, die Wurster Nordseeküste oder das Osteland sein.

In dieses Konzept lassen sich Schüßler zufolge auch gut die Bereiche Tourismus und Gastronomie integrieren. Liebend gerne würde die GEH ein solches Projekt zwischen Elbe und Weser koordinieren. Wer sich für den Aufbau einer Arche-Region interessiert, der sollte sich mit Wolfgang M. Schüßler (meckelstedt44@ewe.net) in Verbindung setzen.

Bildungsarbeit im Arche-Park

Letztlich gibt es noch den Arche-Park. Dieses Projekt ist vor allem für Haustierparks, Zoos, Freilichtmuseen oder Schulbauernhöfen konzipiert. Eine breite Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit stehen hierbei im Mittelpunkt. Ein Arche-Park im Freilichtmuseum am Kiekeberg, im Wildpark Schwarze Berge oder im Tierpark Cux-Art, das ist ganz nach dem Geschmack von Wolfgang M. Schüßler.

Das Foto zeigt einen Ramelsloher-Hahn.

Ein prächtiger Ramelsloher. Diese Hühnerrasse gilt als extrem gefährdet. Die Hühner legen im Jahr um die 170 weiße bis gelbliche Eier. Sie gelten als sehr gute Winterleger. Bei der derangierten Partnerin des schmucken Hahns handelt es sich übrigens um gewöhnliches Hybridhuhn.

Das Foto zeigt einen Sundheimer-Hahn.

Ein Sundheimer-Hahn. Diese fleischbetonte Zweinutzungsrasse gilt zurzeit als nicht gefährdet. Die Tiere sind leicht mästbar und die Hühner legen pro Jahr etwa 220 große, gelbe Eier. Foto: Jakob Brandt

Jakob Brandt
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