Stiefmütterchen rein. Stiefmütterchen raus. Sommerblumen rein. Pflege mit Pflanzenschutzmitteln und englisch gekürzter Rasen: „Früher haben viele Städte und auch wir so die Grünflächen in der Stadt behandelt“, erinnert sich Thomas Reinicke. Der Diplom-Ingenieur und Landschaftsarchitekt ist Leiter des Gartenbauamts. Die Pflege war nicht nachhaltig, Pflanzen wurden weggeschmissen, Personal durch wiederkehrende Neubepflanzung gebunden.
Grünflächenstrategie seit zwei Jahren

Eine Ganzjahresbepflanzung wie am Flötenkiel ist nachhaltiger als wechselnde Blumenbeete. Foto: Lothar Scheschonka
Vorbild für die Stadt Bremen
„Das freut uns, wir sind mit der Strategie sogar Vorbild für Bremen“, erklärt Gartenbaudezernent Dr. Ulf Eversberg (Grüne). Es geht darum, auch in der Stadt mehr Lebensraum für Insekten wie Bienen, Hummeln und Falter sowie Nahrungsquellen für Vögel und Fledermäuse zu schaffen. Dazu gehört eine nachhaltige und Ressourcen schonende Pflege.
Pflanzen, die das ganze Jahr bleiben

Im Schierholzgebiet dient eine neue „wilde“ Fläche als Lebens- und Nahrungsquelle. Foto: Lothar Scheschonka
Die bunten Blühstreifen, die an vielen Orten entstehen, gefallen. Allerdings gedeihen sie nur auf magerem Boden, der auf Verkehrsflächen eher selten anzutreffen ist. Der Boden müsse immer mitbearbeitet werden, das ist auch teurer.
Wildwuchs ist wichtig für Insekten und Vögel
Doch nicht nur deshalb gehören zur Strategie auch extensiv genutzte Flächen. Das heißt: Hier darf wachsen, was wächst. Solcher „Wildwuchs“ ist wichtig für Falter, Vögel und Co..
Diese Spontanvegetation irritiert allerdings noch manche Anwohner, die dann im Gartenbauamt nachfragen. „Wildwuchs heißt nicht verwahrlosen“, ergänzt Neumann. Die Flächen würden so angelegt und gepflegt, dass der Rad- und Autoverkehr nicht behindert wird. Müll wird entfernt. Manche Flächen müssen gewässert und hier und da mal Gehölz entfernt werden. Zweimal im Jahr wird auch „Wildwuchs“ gemäht. „Sonst würden die Flächen verbuschen und ein Wald entstehen“, erklärt Reinicke.
Auch Rasen wird es weiter geben

Das Bewusstsein ist erfreulicherweise erheblich gestiegen und damit auch die Akzeptanz, für das, was wir hier machen. Thomas Reinicke, Gartenbauamt Foto: Lothar Scheschonka
Egal ob zum Hundeauslauf, als Spiel- oder Liegewiese, „auch Rasen hat weiterhin seine Berechtigung in der Stadt“, sagt Reinicke.
Strategie zum Vorbild nehmen
Weil Mischwälder resistenter sind, soll sich im nächsten Schritt auch der Baumbestand weiter verändern – und dessen Pflege. Totholz soll mehr liegen bleiben, weil er eine wichtige Funktion erfüllt.
Das Gartenbauamt ist nicht für alle öffentlichen Flächen zuständig, manche fallen der FBG, Wirtschaftsförderung BIS, der Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft Alter und Neuer Hafen (BEAN) oder der Stäwog zu. Ökologisch wäre es sinnvoll, wenn auch sie sich, wo es geht, die Strategie zum Vorbild nehmen.
Zahlen
8,5 Hektar an öffentlichen Grünflächen wurden zur wilden oder zur Blühwiese umgestaltet. 2022 sollen weitere 2,2 Hektar folgen.