Darum sind diese Bremerhavener mit ihren Gags bei TikTok und Instagram Mega-Stars

Männer, die aufs Wasser starren: Bremerhavens erfolgreichste Aushängeschilder sind zwei Typen, die sich Flachwitze erzählen. Was wie ein Scherz klingt, ist cleveres Marketing der Jung-Unternehmer Joschka Traue und Nico Flathmann. Wir waren beim Dreh.

Blick übern Deich

Nico Flathmann und Joschka Traue (links) erzählen sich für ihre Internet-Auftritte auf dem Weserdeich vor laufenden Kameras immer wieder Flachwitze. Foto: Lothar Scheschonka

Es ist sonnig aber kalt, als Nico Flathmann und Joschka Traue ihr Video-Equipment am Deich aufbauen. In den nächsten zwei Stunden werden sie sich gegenseitig Witze erzählen. 20 bis 30 Miniclips entstehen dann vor atemraubend schöner Bremerhaven-Kulisse. Die Jung-Unternehmer haben sichtlich Spaß und verfolgen doch eine clevere Marketing-Strategie.

Angefangen hat alles mit guten Pommes. Joschka Traue (32) betreibt mit Paul Dominiuk den Kult-Imbiss „Fry High“, und schlägt mit der Reichweite seiner selbst gedrehten Clips auf Instagram (53.500 Follower) ganze Imbiss-Ketten mit Marketing-Abteilung.

@ribti.de Männer die aufs Wasser starren - Folge 179 #mdaws #männerdieaufswasserstarren #ribtide ? Originalton - RIBtide

Nico Flathmann (29) war zunächst Kunde, dann Kooperationspartner. Sein „Ribti.de“ ist wohl der am schnellsten wachsende Instagram-Account Deutschlands. 258.000 Menschen folgen ihm.

Die Idee: Das Saison-Publikum durch den Winter bringen

Die Idee war, die Fans des noch jungen Speedboot-Anbieters - ein Saisongeschäft - auch im Herbst und Winter zu unterhalten. Mit Humor klappt das besonders gut.

Der Impulsgeber aus den USA heißt Logan Lisle. Die Bremerhavener machen auf TikTok und Instagram ihre eigene Version daraus: Männer, die aufs Wasser starren. Mit Sonnenbrille und lustigen Kaffeetassen sitzen sie in der Seestadt am Wasser auf zwei Klappstühlen und erzählen sich mit norddeutscher Gelassenheit Flachwitze. Oft mit Sprache: „Ich bin jetzt in einer Gang“. „Mit wem?“ „Ist eine Alleingang.“

Am Anfang haben Traue und Flathmann die Witze im Internet gesucht und Witzebücher in der Stadtbibliothek gewälzt. Nach wenigen Monaten haben sie das Schema durchleutet und bauen ihre Gags nun selbst auf.

Hinter den Kulissen der Flachwitz-Könige

Fast 200 Folgen "Männer, die aufs Wasser starren" haben Nico Flathmann und Joschka Traue in Bremerhaven schon aufgenommen. Wir haben hinter die Kulissen geschaut.

01:11 min

Mit diesem Ergebnis hat keiner der Bremerhavener gerechnet

„Wenn uns hundert Leute mehr folgen, ist doch gut“, dachte Flathmann zum Start. Doch die Klickzahlen gehen durch die Decke.

Alle Videos zusammen haben 150 Millionen Aufrufe, das beste Einzelvideo von Weihnachten allein 10,5 Millionen. Auf beiden Plattformen wird das täglich neu um 17 Uhr eingestellte Video 400.000 Mal aufgerufen. Allein bei TikTok haben in den vergangenen 60 Tagen 30 Millionen einzelne Accounts, also einzelne Menschen, die Videos angesehen.

Geld gibt es dafür nicht, aber Aufmerksamkeit: Die beiden haben prominente Fans. Musiker wie Bausa, Elektrik Callboy, die 257ers oder Alex von BossHoss folgen ihnen ebenso wie Henry Maske und mehrere Profi-Fußballer. Mit dem Bremerhavener Eishockeyspieler Moritz Wirth haben sie auf „gefrorenes Eis“ gestarrt und einen Clip in der Eisarena der Pinguins gedreht.

Promis wie Henry Maske oder Bosshoss schauen Videos

Der Erfolg hat Folgen: Radio-Morning-Shows in Bremen und Frankfurt haben sie interviewt, die norddeutschen Fernsehsender bereits angeklopft. Die Industrie- und Handelskammer erkannte den Marketing-Wert: Traue und Flathmann haben dort bereits einen Vortrag über virales Wachstum und Vermarktung von Kleinunternehmen bei Social Media gehalten.

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Es fehlt noch der Kontakt zum Stadtmarketing, denn die beiden generieren durch ihren Kultfaktor bei TikTok und Instagram tatsächlich Gäste. Bei einer Verlosung - Gutscheine für Pommes & Bootsfahrt in Bremerhaven - stammen die Gewinner aus Österreich und Bayern, die nun Urlaub in Bremerhaven machen werden, um diese einzulösen.

„Wir kommen euch besuchen, wir kommen nach Bremerhaven“

Gruppen aus Hanau und Nordrhein-Westfalen kommen nach Bremerhaven, weil sie die Jungs, über die sie täglich auf dem Handy lachen, kennenlernen wollen. Und weil sie angesichts der Ausblicke - über den Überseehafen, im Weser-Strandbad, vor der Schulschiff Deutschland oder im Fischereihafen so schön finden, dass sich ein Trip auch deshalb lohne.

Die weiter wachsende Fangemeinde fordert von den „Männern die aufs Wasser starren“ Tipps, was man sonst unternehmen und wo man übernachten kann. „Wir könnten uns wirklich eine Zusammenarbeit mit der Stadt vorstellen“, sagt Flathmann. Und Traue ergänzt: „Wir als Maskottchen für die Sail, das wär was!“ Beide lieben ihre Heimatstadt innig und zeigen das selbstbewusst der ganzen (Internet-)Welt.

Sie lieben die Heimatstadt und zeigen Herz

Wie es sich für echte Bremerhaven-Jungs gehört, zeigen sie auch Herz: „Für manche Menschen sind wir ein Fixpunkt geworden. Die schreiben uns: Mir gehts nicht gut, ihr muntert mich auf. Oder: Ist der Tag noch so mies, weiß ich, dass wegen euch einmal lachen kann.“ Das rührt Traue und Flathmann und ist auch ein Motiv, weiter zu machen.

Bei aller Vorbereitung bleibt eins authentisch: Die Witze des anderen hören sie beim Dreh zum ersten Mal. „Nico lacht auch sonst nie über meine Gags. Er bleibt ernst. Ich schaff das nicht“, sagt Traue, der des Öfteren in seine Tasse prusten muss vor Lachen. Und in der ist übrigens kein Kaffee, sondern Pepsi.

Comic

Kult: „Männer die aufs Wasser starren“ wurden sogar schon in einem Comic verewigt. Foto: Frank Reimann

 „Männer die aufs Wasser starren“

Joschka Traue und Nico Flathmann lieben ihre Heimatstadt und nutzen Traumkulissen für ihre TikTok und Instagram-Videos. Foto: Lothar Scheschonka

 „Männer die aufs Wasser starren“

30 Millionen Menschen haben sich ihre Videos angesehen: Joschka Traue und Nico Flathmann aus Bremerhaven. Foto: Lothar Scheschonka

Maike Wessolowski

Reporterin

Maike Wessolowski wurde in Remscheid geboren. Die ausgebildete Reiseverkehrskauffrau und Reporterin lebte und arbeitete in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen, bis sie 2018 in Bremerhaven festmachte. An der Region schätzt sie: Menschen, Maritimes, Möglichkeiten.

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