Cuxland

CDU: Moorvernässung nur mit den Bauern, nicht ohne sie

Die Moorvernässungspläne aus Berlin bringen die Bauern auf die Barrikaden. Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast kündigte auf einer CDU-Veranstaltung in Cuxhaven an, das umstrittene Thema nicht den Umweltpolitikern zu überlassen.

Sehen viele Wiesen im Cuxland bald so aus? Die Bauern fürchten das. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) setzt bei der Wiedervernässung der Moore aber auf Freiwilligkeit. Foto Schuldt

Sehen viele Wiesen im Cuxland bald so aus? Die Bauern fürchten das. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) setzt bei der Wiedervernässung der Moore aber auf Freiwilligkeit. Foto Schuldt Foto: picture alliance/dpa

Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast holt das bei den Bauern heftig umstrittene Thema Moorvernässung in ihr Ministerium. „Wir werden bei uns eine Steuerungsgruppe einrichten, an der alle Verbände beteiligt werden. Auch die Landwirte und die Wasserverbände“, versprach die Ministerin auf einer CDU-Veranstaltung in Jannsens Tanzpalast in Cuxhaven. Die Landwirte dürften hier nicht wieder mal diejenigen sein, über deren Kopf hinweg entschieden werde. „Wir müssen deutlich machen, dass die Landwirte Teil der Lösung sein müssen“, unterstrich Otte-Kinast. Sie seien die Fachleute, die am besten Bescheid wüssten, was auf den Flächen möglich sei und was nicht. Die CDU, das war die klare Botschaft, die in Cuxhaven ausgesandt wurde, steht an der Seite der Landwirte.

Moorvernässungspläne aus Berlin

Selbstverständlich auch Gitta Connemann. Die ehemalige Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses in Berlin und CDU-Bundestagsabgeordnete aus Ostfriesland rief in den Saal: „Wir alle müssen Kohlendioxid einsparen, aber das muss mit Vernunft passieren, mit Daten und Fakten und nicht mit Ideologie.“ Letztere vermutete Connemann beim Stein des Anstoßes - den Plänen für mehr Moorschutz, die Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in Berlin vorgelegt hat. Darin wird unter anderem vorgeschlagen, den Wasserstand in den deutschen Mooren dauerhaft anzuheben, auf höchstens 30 Zentimeter unter Flur. Um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Denn Moore, die echte Kohlenstoffspeicher sind, setzen ohne eine schützende Wasserdecke Kohlendioxid frei. Den Kreis Cuxhaven könnten Lemkes Pläne besonders treffen: Hier besteht der Untergrund zu großen Teilen aus Moor.

„Region lebt von der Landwirtschaft“

Es stehen also Existenzen auf dem Spiel. Und nicht nur die der Bauern, wie Thorsten Krüger (SPD), Geestlands Bürgermeister, betonte. Er wird auch von der CDU als Landratskandidat unterstützt. Wenn man die Kosten einer solchen Vernässung kalkuliere, müsse man die Firmen im vor- und nachgelagerten Bereich mit berücksichtigen. „Unsere Region lebt ganz stark von der Landwirtschaft.“ Wenn die nicht mehr wirtschaften könne, leide der Mittelstand und am Ende auch die Kommunen, weil es an Gewerbesteuer fehle.

Kein Wunder also, dass der Saal bei Janssen rappelvoll war. Weit mehr als 100 Landwirte waren der Einladung der CDU gefolgt. Zwar setzt die Bundesumweltministerin bei ihren Vernässungsplänen auf Freiwilligkeit und hat für die Umsetzung schon vier Milliarden Euro als Ausgleichszahlungen bereitgestellt, doch die Landwirte trauen dem nicht.

„Verunsicherung auf den Höfen ist groß“

Jan Heusmann, Landvolk-Vorsitzender in Wesermünde, konstatierte: „Die Verunsicherung auf den Betrieben ist riesig.“ Dabei wolle man in Berlin die Landschaft nicht flächendeckend unter Wasser setzen. „Es kann nicht angehen, dass die Landwirtschaft hier stillgelegt wird. Aber das soll auch gar nicht passieren“, versicherte Heusmann. Das Ziel in Berlin sei, 30 Prozent der Moorflächen wieder zu vernässen. Und es gebe hier ja auch schon Flächen, die unter Naturschutz stünden und sich dafür eigneten, wie zum Beispiel in der Geesteniederung, so der Landvolk-Chef. „Es ist jetzt unser Job, möglichst zügig Zielkulissen festzulegen, damit die Karten bald auf dem Tisch liegen.“

„Vernässung ist nur großflächig möglich“

Damit beruhigte Heusmann seine Berufsgenossen nicht. Kristian Schmidt, Milchbauer aus Bad Bederkesa, dessen sämtliche Wiesen auf Moorböden liegen, traut den Ankündigungen nicht. Es gebe Experten, die sämtliche Moorflächen vernässen wollten oder zumindest große Teile davon, warnte er. Und Zielkulissen festzulegen, nütze überhaupt nichts. „Vernässung ist nur großflächig möglich. Es funktioniert nicht, wenn der eine Bauer mitmachen will und der andere auf den benachbarten Flächen nicht.“ Schmidts Furcht: „Irgendwann wird aus der Freiwilligkeit doch der Zwang, die Flächen zu vernässen.“

Hinrich Schriefer, Milchbauer aus Lintig, sah noch ein anderes Problem. Weil in den vergangenen Jahren etliche Bauern ihre Höfe aufgegeben haben, wirtschafteten immer mehr Landwirte auf Pachtflächen. Und wenn die Landbesitzer jetzt Gefallen an der Vernässung fänden, hätten die Bauern keine Chance, die für sie dringend nötigen Flächen zu behalten. Für Gerd-Dieter Kahrs, Landwirt aus Wehden, ist die ganze Idee einfach nicht verhältnismäßig. „Es kann nicht sein, dass man der Industrie kostenlos CO2-Zertifikate gibt und uns Bauern das Land unter Wasser setzt“, schimpfte er.

Machten sich für die Interessen der Landwirte stark (von links): Thiemo Röhler, Barbara Otte-Kinast (beide CDU), Thorsten Krüger (SPD), Claus Seebeck und Gitta Connemann (beide CDU). Foto Hansen

Machten sich für die Interessen der Landwirte stark (von links): Thiemo Röhler, Barbara Otte-Kinast (beide CDU), Thorsten Krüger (SPD), Claus Seebeck und Gitta Connemann (beide CDU). Foto Hansen Foto: Hansen

Inga Hansen

Reporterin

Inga Hansen, Jahrgang 1962, arbeitet seit 1993 als Redakteurin in der Landkreis-Redaktion der NZ. Zuvor hat die gebürtige Ratzeburgerin in Hamburg Politikwissenschaft und Öffentliches Recht studiert. Ihr Interesse gilt neben der Politik Pop-Musik, Literatur und Filmen.

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