Cuxland

Ehrenamtliche Flüchtlingsbegleiter fordern mehr Unterstützung vom Kreis

Nestwerk Hagen, Offenes Herz Altenwalde, „Cadenberge hilft“ und die Flüchtlingsbegleitung Land Hadeln machen gemeinsame Sache: Sie richten an den Sozialausschuss des Landkreises ein Forderungspapier für ihre ehrenamtliche Arbeit mit Geflüchteten.

Silhouette einer Hand mit Stift macht ein Kreuz auf dem Formular eines Asylantrags

Die Ehrenamtlichen im Landkreis leisten erhebliche Arbeitsstunden, um Geflüchtete auch bei Behördengängen oder Antragstellungen zu unterstützen. Foto: Julian Stratenschulte

Einen Monat lang alle absolvierten Stunden und gefahrenen Kilometer dokumentieren: Darum hatten die Hilfsorganisationen Offenes Herz Altenwalde (OHA), „Cadenberge hilft“, Flüchtlingsbegleitung Land Hadeln und Nestwerk Hagen ihre Ehrenamtler in der Flüchtlingsarbeit gebeten. Die Bilanz legte Yvonne Pröpper vom OHA jetzt dem Sozialausschuss des Landkreises vor. Das nüchterne Zahlenwerk spricht Bände, wie viel Zeit und Geld die Helfenden investieren.

Gegenwert von zwölf Vollzeitstellen

An dem Experiment wirkten 58 Ehrenamtliche, also nur ein Teil der tatsächlich Tätigen, mit. Insgesamt leisteten sie im Juni 2.092,8 Stunden Arbeit in der Flüchtlingshilfe - umgerechnet käme man auf zwölf Vollzeitstellen. Die von ihnen gefahrenen 9.910,1 Kilometer entsprechen einer Strecke von Cuxhaven nach Novosibirsk und zurück. Der errechnete Spritverbrauch für Benzin liegt bei 1.783,98 Euro. Aufgeschlüsselt stellt sich die geleistete Arbeit folgendermaßen dar: für Sprachunterricht und Sprachmittlung 297 Stunden, für Kommunikation mit Behörden 165,25 Stunden und mit Kitas oder Schulen 95 Stunden, für die Unterstützung bei Freizeitangeboten 87 Stunden und bei Arztbesuchen 80 Stunden. Im Durchschnitt leistete jeder Ehrenamtler 34,2 Stunden im Monat und fuhr 174,5 Kilometer.

Yvonne Pröpper schilderte dem Ausschuss auch, dass viele Ehrenamtliche sich zu wenig wertgeschätzt fühlten. Solange alles laufe und funktioniere, sei es toll. Aber sobald sie Forderungen oder Fragen stellten, werde ihnen das Gefühl des Lästigseins vermittelt. Ausschussvorsitzender Oliver Lottke (SPD) sagte dazu: „Wenn man sich als Ehrenamtler wie ein Bittsteller fühlen muss, ist das nicht schön.“ Er sicherte zu, dass sich mit den Fragen und Anregungen aus den Unterstützerkreisen auseinandergesetzt werde. Frank Berghorn (CDU) schlug vor, dies in den gemeinsamen Runden zwischen Kreis und Kommunen zu thematisieren.

Organisationen fordern mehr Transparenz

Zu einem Positionspapier hatten die vier regionalen Flüchtlingsinitiativen einen ganzen Katalog an Vorschlägen und Forderungen gemeinsam erarbeitet. Darin machen sie deutlich, dass sie mehr aktive Mitarbeit in den politischen Gremien von Gemeinde- bis Kreisebene einfordern. Auch fordern sie deutlich mehr Transparenz ein, wie das vom Landkreis zur Verfügung gestellte Geld für die Arbeit mit Geflüchteten verwendet wird. Im gesamten Landkreis müssten deutlich mehr regionale und ortsnähere Anlaufstellen für die Geflüchteten geschaffen werden. Die ehrenamtlichen Organisationen könnten dabei ihre Erfahrungen aus der täglichen Konfrontation mit den Problemen der Menschen einbringen. Dabei sollten sie nicht als Konkurrenz, sondern als Teil der Migrationsberatung gesehen werden.

Die Flüchtlingsinitiativen bitten den Landkreis weiterhin, Strukturen mit allen Beteiligten zu entwickeln, zum Beispiel sogenannte „Laufzettel“. „Wo war ich schon? Was muss ich machen? Welche Unterlagen muss ich mitbringen? Diese Laufzettel wären nicht nur für die Neuankommenden eine große Hilfe, sondern auch für die Ehrenamtlichen“ , heißt es im Positionspapier. Erleichtern würde die praktische Arbeit auch, wenn die Geflüchteten in den Formularen schriftlich einwilligen könnten, dass ihre Daten weitergegeben werden. So könne schneller Kontakt aufgenommen werden. Die ehrenamtlich Tätigen verpflichten sich ihrerseits dazu, die Vertraulichkeit zu wahren und den Datenschutz zu beachten. Weitere Forderungen im Katalog umfassen einen einheitlichen Versicherungsschutz, die Auszahlung von Kilometergeld oder die Nutzung von Dienstfahrzeugen, Supervisionsmöglichkeiten oder eine Ausweitung der Ehrenamtskarte.

Partnerschaft zur Demokratieförderung

Die in Cuxhaven-Süderwisch beheimatete gemeinnützige Gesellschaft „Heimatkultur“ bildet seit 2018 die externe Koordinierungs- und Fachstelle (KOF) des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention. Jörg Flehnert, Geschäftsführer von „Heimatkultur“, stellte dem Kreis-Sozialausschuss das Programm vor. Die Partnerschaft mit dem Kreis sei ganz frisch und wurde zu Monatsbeginn besiegelt. Als KOF-Stelle möchte „Heimatkultur“ erklärtermaßen Partner vor Ort fit machen, damit sie Projekte umsetzen können. Ab jetzt solle losgelegt werden, so Jörg Flechner. Das bedeutet, dass ein Begleitausschuss gebildet werden und Jugendbeteiligung institutionalisiert werden muss. „Es ist eine Riesenspielfläche, den Erhalt der demokratischen Grundordnung in die Kommunen zu tragen.“

Der Fördertopf zur Demokratiestärkung in der Region kann sich sehen lassen: Er sieht für dieses Jahr 590.000 Euro und in 2024 65.000 Euro vor. Darüber hinaus stehen im Jugendfond für dieses Jahr 5.000 Euro und für das nächste Jahr 15.000 Euro zur Verfügung. (wip/mcw)

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