Etwas bleibt noch nachzutragen zum Fußball-Länderspiel Deutschland-Türkei am Samstag. Nicht zur deutschen Niederlage, daran haben wir uns gewöhnt. Sondern zur Kulisse.
Gefühlt fast nur Türken im Berliner Olympiastadion, Deutschtürken. Ein Auswärtsspiel in der eigenen Hauptstadt.
Bayern-Star Thomas Müller sagte, die Atmosphäre habe ihn „gewurmt“. Der FDP-Generalsekretär sprach von mangelnder Integration, die rechte Szene von vollzogener Umvolkung.
Viele Väter mit Kindern und junge Paare
Gemach.
Es war ein schöner Fußballabend, die Stimmung super. Zwischenfälle mit gewaltbereiten Fans gab es weniger als bei einem durchschnittlichen Bundesligaspiel.
„Tür-ki-ye, Tür-ki-ye“ skandierten die Deutschtürken. Unsere Gruppe hielt irgendwann mit dem Namen des deutschen Verteidigers „Rü-di-ger, Rü-di-ger“ dagegen, was ganz ähnlich klingt.
Gelächter. „Nicht schlecht, Bruder“.
Auffällig war, wie viele türkische Kinder und Jugendliche mit ihren Vätern da waren. Und auch junge Paare. Einige baten uns, ein Foto von ihnen zu machen. Auffällig war auch, dass kaum jemand die türkische Nationalhymne mitsingen konnte. Die deutschen Spieler wurden zwar ausgepfiffen. Die deutsche Nationalhymne aber nicht.
Verbundenheit ist nicht das Problem
Gescheiterte Integration?
Ein wirkliches Problem ist es, wenn Deutschtürken Erdogan wählen. Oder der Hamas zujubeln. Kein Problem ist hingegen, dass sie sich auch in der dritten Generation noch mit ihrer früheren Heimat verbunden fühlen.
Wenn Italien in Deutschland spielt, wird es auch laut in den Stadien – für Italien. Und persönlich erinnere ich mich noch gut daran, wie ich einmal an der Steuben-Parade in New York teilnahm. Da marschieren zehntausende Deutsch-Amerikaner in Trachten, Lederhosen oder Schützenuniformen durch Manhattan, Blaskapellen vorneweg. Eine ziemlich skurrile Veranstaltung. Diese Menschen hängen sogar noch in der zehnten Generation an ihrer alten Heimat.
Deutsche Elf wird nur gefeiert, wenn sie Weltmeister wird
Dass Deutschtürken der türkischen Nationalmannschaft zujubeln, obwohl die noch nie einen Titel gewonnen hat, ist völlig in Ordnung.
Die Deutschen feiern ihr Nationalteam nur, wenn es Weltmeister wird, und das ist eher nicht in Ordnung.
Der türkische Nationalstolz mag generell etwas übertrieben sein. Dafür ist der der Deutschen eher unterentwickelt, obwohl doch gerade wir viele Gründe hätten, unser Land zu mögen.
Doch Nationalstolz können wir nicht. Den neiden wir dann anderen.
Vielleicht ist es das, was einige wirklich wurmt. Neben dem 2:3.
