Carina Bohlsen aus Oberhammelwarden dachte, sie sieht nicht richtig. „Das kann nicht sein“, schoss es ihr durch den Kopf. Dann beeilte sie sich, den Kater reinzuholen und die Türen zu schließen. An einem Angelteich ganz in der Nähe ihres Wohnhauses, von ihrem Grundstück nur durch einen Graben getrennt, stand ein Wolf.
Carina Bohlsen ist nicht die Einzige, die am Donnerstagvormittag einen Wolf im Bereich Elsfleth gesichtet hat. Von der Braker Polizei heißt es auf Nachfrage der Kreiszeitung, dass mehrere Meldungen über Sichtungen von „wolfsähnlichen Tieren“ eingegangen seien.
Wolfsberater geht von mehreren Tieren aus
Dass es sich tatsächlich um einen Wolf oder sogar um mehrere Wölfe gehandelt hat, vermutet Jörg Thielen aus Brake. Er ist Wolfsberater beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und für die südliche Wesermarsch zuständig. Den Job im Landkreis teilt er sich mit Rüdiger Gimber aus Nordenham, der die nördliche Wesermarsch im Blick hat.
Laut Jörg Thielen wurden binnen einer halben Stunde Sichtungen aus Burwinkel, Oberhammelwarden und Huntebrück gemeldet. Da diese Ortschaften zu weit auseinanderliegen, als dass ein Wolf innerhalb einer halben Stunde an allen Stellen aufgetaucht sein kann, vermutet er, dass es sich mindestens um zwei Wölfe gehandelt hat.
Eltern könnten Jungwolf verstoßen haben
Jörg Thielen tippt darauf, dass es sich um einen oder mehrere junge Rüden handelt, die von ihren Eltern vertrieben wurden. Dieses sogenannte Abbeißen geschieht, wenn die Wölfin neue Welpen zur Welt gebracht hat, um die sie sich kümmern muss. Die Tiere des vorherigen Wurfes müssen dann alleine klarkommen.
Der Fachmann schließt nicht aus, dass der junge Wolf oder die jungen Wölfe, der oder die in Elsfleth gesichtet wurden, aus einem Rudel bei Friedeburg in Landkreis Friesland stammt oder stammen. Dass es dort ein Rudel gibt, sei bestätigt. Dass der Wolf oder die Wölfe von der anderen Weserseite in die Wesermarsch gelangt sind, hält Jörg Thielen hingegen für eher unwahrscheinlich.
Anwohnerin: „Mir war bewusst, das ist ein Wolf“
„Mir war bewusst, das ist ein Wolf“, berichtet unterdessen Carina Bohlsen von ihrer Begegnung, „der war ganz ruhig“. Doch weil sie sich nicht sicher war, ob das Tier nicht bereits ihren Kater bemerkt hatte, und sie die Sorge hatte, dass der Wolf über den Graben springen könnte, holte sie den Kater ins Haus und verschloss schnell die Tür.
„Das glaubt mir kein Mensch“, dachte die Oberhammelwarderin, schnappte sich ihr Smartphone und ging in der Hoffnung, den Wolf von dort noch zu erspähen, auf den Balkon. Sie sah, wie das Tier im Nachbargarten durch die Terrassentür spähte. Dann lief der Wolf davon. Carina Bohlsen rief beim Ordnungsamt der Stadt Elsfleth an, um ihr Beobachtung zu melden.
Wie verhält man ich bei einer Begegnung mit einem Wolf richtig?
Fachmann Jörg Thielen rät dazu, bei einer Begegnung mit einem Wolf nicht in Panik zu verfallen, sich dem Tier aber nicht zu nähern, sondern Abstand zu halten. Wer einen Hund mit sich führt, sollte diesen unbedingt anleinen. Auf keinen Fall sollte man einen Wolf füttern, betont der Berater. Um Sichtungen von Wölfen zu melden, empfiehlt Jörg Thielen eine App der Landesjägerschaft. Sie heißt „Wolfsmeldungen Niedersachsen“ und ist in jedem App-Store kostenlos erhältlich.
Wenn der Wolf durchs Terrassenfenster schaut
Wolf schleicht durch Wohngebiet in Oberhammelwarden.