Je überforderter der Mensch im Hier und Jetzt ist, umso mehr sehnt er sich nach den Zeiten zurück, in denen das Leben, das Universum und der ganze Rest ihm noch auf irgendeine Art überschaubar schien. Ob Kindheit, Jugend oder das Leben als junger Erwachsener – früher war doch alles irgendwie einfacher. Das bildet man sich in sentimentaler Verklärung nur allzu oft und allzu gerne ein.
Zu den virtuellen Minenfeldern des modernen Lebens gehört zweifellos das Bemühen, den Menschen zu finden, mit dem man gerne den Rest seines Lebens verbringen würde. Und es wird alles andere als einfacher, wenn man wie ich das gewisse Alter erreicht hat, in dem ein Mann dazu neigt, sich angesichts dahinschwindender Spannkraft zum Honk zu machen. Das Internet gaukelt dem freienden Alt-Teenie zwar einfache Hilfe, etwa durch Dating-Plattformen vor, doch die knallharte Mühle der Selbstvermarktung schlägt hier bisweilen noch härter durch als bei der Jobsuche.
Wie einfach früher alles war, legen die Erinnerungen von Diamantenen oder Eisernen Paaren nahe, die man in meinem Job immer mal wieder trifft. „Beim Tanztee“ haben sich die seit 60 oder 65 Jahren glücklichen Eheleute seinerzeit kennengelernt. Diese klassische Kontaktmöglichkeit gibt es so heute leider nicht mehr. Nun werde ich aufgrund meines Alters sicher nicht mehr in die Lage kommen, irgendwann mal eine Diamantene Hochzeit zu feiern. Leider werde ich aber auch nicht mehr alt genug, um zu hören, wie die Diamantenen Paare der Zukunft auf die Frage, wie es denn zwischen ihnen gefunkt habe, mit dem Standard-Satz „Ich habe im Suff ihr Dating-Profil angeschrieben“ antworten.