Mein sechsjähriger Sohn ist nicht mehr bereit, all das, was ich ihm sage, als richtig hinzunehmen. Es wird hinterfragt, verhandelt, verweigert. Für ihn ist das sicherlich eine wichtige Entwicklungsphase, doch für mich als Vater ist das vor allem eines: anstrengend. Sag’ ich ihm morgens vor der Schule, dass es für ihn nun an der Zeit sei, sich anzuziehen, rennt er zu seinen großen Schwestern in den ersten Stock. Kündige ich abends an, dass jetzt Schlafenszeit sei, malt er erst einmal ein Bild, bevor er sich dann irgendwann ins Bad begibt. Das war früher definitiv einfacher! Am Mittwochmorgen, das Außenthermometer zeigte gerade 9 Grad Celsius an, wollte er lieber mit seiner schicken, dünnen Filzjacke zur Schule als mit seiner gefütterten Herbstjacke. Ich würde ja auch noch meine dünne Softshell-Jacke tragen, argumentierte er - und traf damit den Nagel auf den Kopf. Wie kann Papa von Junior etwas fordern, wozu er selbst nicht bereit ist? Ich entgegnete, dass ich die Jacke ja nur kurz während der Autofahrten anhätte und ansonsten viel im warmen Büro sitzen würde. Er hingegen hätte mehrere lange Unterrichtspausen auf dem Schulhof vor sich, in denen er ohne geeignete Bekleidung sicher frieren würde. Das Argument saß. Der Kleine beugte sich meinem Wunsch und zog die dicke Jacke an. Draußen, vor der Haustür, sagte er dann etwas, was mir tiefe Genugtuung verschaffte. „Jetzt, wo ich draußen bin, muss ich sagen, dass Du recht hattest, Papa. Mit dieser Jacke ist es besser.“ Siehst Du, warum nicht immer so?
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