Jeder kennt sie - die Phasen zunehmender Empfindlichkeit. Beispielsweise, wenn ein Gespräch mit dem Gegenüber zu keiner Verbindung führt oder der Andere das Erlebte aufnimmt, indem er/sie ausschließlich von sich spricht. Im Normalfall tue ich die ganze Chose ernüchtert ab und denke: „Kumpel, nächstes Mal haben wir uns vielleicht mehr zu sagen.“ Folgen zu viele dieser Situationen aufeinander, braut sich ein explosives Gemisch zusammen und sucht sein Ventil. So wie letztens beim Zumba-Kurs. Bei dem zackigen Tanzsport geht es um das Nachahmen der Bewegung der Trainerin.
Acht Damen und ein Herr. Der Herr spielt in dieser Geschichte keine Rolle. Warum, wird sich gleich klären. Die Trainerin steht mit dem Rücken zur Gruppe. Vor uns füllt ein Spiegel etwa die Hälfte der Wand aus. Das bedeutet, nicht alle können sich im Spiegel sehen und die gemachte Figur betrachten. Der Herr ist nicht eitel. Die Frauen schon.
Einige sind bereits seit langem in der Gruppe aktiv. Eine beansprucht in jeder Stunde einen Platz in der ersten Reihe. Links, aber bitte nicht zu weit links. Mit dem Verhalten hatte sie bei mir schon Minuspunkte. Diese Prinzessin ließ nebenbei wissen, sie könne nicht außerhalb des Spiegels stehen. Als sie mir zum zweiten Mal zuzischte, ich würde zu nah in ihren Bereich kommen, hatte ich meine Gelegenheit gefunden. Ich schlug ihr vor, ihren Hintern in eine andere Ecke zu bewegen. Die Musik wurde schnell wieder lauter und so tanzte es sich deutlich leichter. Und, nein, es tut mir nicht leid.