Fußball
Jubilar Nagelsmann und die plötzliche Job-Frage
Was nun, Herr Nagelsmann? Das 25. Länderspiel wird für den Bundestrainer zum Wegweiser - nicht nur in der WM-Quali. Gegen Nordirland baut er nach dem Fehlstart gegen die Slowakei personell um.

Job-Sorgen? Nein, sagt Julian Nagelsmann.
Foto: Federico Gambarini
Julian Nagelsmann schaute erstaunt, als ihn ein Reporter aus Nordirland vor seinem 25. Länderspiel auf mögliche Sorgen um seinen Job als Bundestrainer ansprach. Und zwar für den Fall, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nach dem ernüchternden bis alarmierenden 0:2 in der Slowakei am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) in Köln gegen die kampfstarken Nordiren gleich den nächsten Tiefschlag in der WM-Qualifikation erleben sollte.
„Besorgt zu sein, ist nie ein guter Ansatz. Ich bin noch mutig genug, ich will gewinnen“, sagte Nagelsmann, um im Anschluss seine Person möglichst aus dem Fokus zu rücken. „Die Mannschaft ist wichtig, nicht ich. Wir wollen einen besseren Job machen als am Donnerstag.“ Das ist auch dringend nötig.
„Besseren Job machen“
Was nun, Herr Nagelsmann? Diese Frage stellen sich durchaus auch die Fußballfans in Deutschland. Die verstörende Auftaktpleite in Bratislava war schließlich die Fortsetzung des Abwärtstrends beim Finalturnier der Nations League mit den Niederlagen gegen Portugal (1:2) und Frankreich (0:2).
Zu Beginn des Abschlusstrainings nahm Sportdirektor Rudi Völler den Bundestrainer in den Arm. Es wirkte in diesem Moment wie ein demonstrativer Schulterschluss. Nagelsmann schritt danach energisch auf den Platz.
Seine Schlagworte für das zweite Gruppenspiel waren ziemlich erwartbar bei der Pressekonferenz davor. „Emotional Fußball spielen“ und ein „energetisches Miteinander“ auf dem Platz fordert der 38-Jährige von seiner Mannschaft.
Torwart Oliver Baumann sprach an Nagelsmanns Seite von den „Basics“, auf die es nach dem laut Völler „leblosen“ Auftritt in der Slowakei nun ankäme. „Energie, Zweikampfverhalten, zweite Bälle gewinnen“, zählte Baumann auf.
Personelle Umbauten
Nagelsmann denkt aktuell nicht mehr groß („Weltmeister werden“), sondern klein. „Es geht jetzt nicht darum, an die Qualifikation zu denken, sondern an das Spiel“, sagte er. Dafür hat er eine neue „Idee“ entwickelt, die beim Personal ansetzt. „Es wird ein bisschen was passieren, aber nicht alle zehn (Feldspieler) werden raus rotiert“, kündigte er an.
Nicht nur der Frankfurter Nnamdi Collins dürfte seinen Platz in der Startelf verlieren. Der Dortmunder Pascal Groß könnte rechts hinten beginnen, weil Kapitän Joshua Kimmich als Anführer und Lenker wohl im Mittelfeld bleiben soll. Ein Emotions-Spieler wie Robert Andrich könnte dagegen jetzt neben Kimmich gefragt sein.
Weltmeister Hummels wird verabschiedet
Wer geht voran? Ein solcher Akteur wird vor dem Anpfiff verabschiedet. Mats Hummels, eine der großen Figuren aus dem letzten deutschen Weltmeisterteam 2014 in Brasilien, wird knapp zwei Jahre nach seinem letzten Länderspiel vom DFB für seine Verdienste geehrt. Völler würdigte den 36-Jährigen bereits vorab als „Führungsspieler“ und „Identifikationsfigur“.
Ein Hummels in der früheren Weltmeister-Form würde der wackligen deutschen Abwehr gerade guttun. Aber auch in der Offensive drängen sich Umbesetzungen auf, auch wenn die Optionen im Kader ohne schmerzlich vermisste Qualitätsspieler wie Jamal Musiala und Kai Havertz sowie den ebenfalls verletzten Mittelstürmer Tim Kleindienst gering sind.

Florian Wirtz (l) und Nick Woltemade: Zündet das Offensivduo in Köln?
Foto: Federico Gambarini
Knifflige Köln-Rückkehr für Wirtz
„Es war nicht viel los vor der Kiste“, monierte Kapitän Joshua Kimmich nach der offensiven Nullnummer in Bratislava. Nagelsmann vermisste „Aggressivität im eigenen Ballbesitz“. Neben Nick Woltemade, der nach drei Länderspielen weiter auf sein erstes Tor, rückt Florian Wirtz besonders in den Blickpunkt.
Gerade in Köln. Der 22-Jährige ist als Jugendspieler beim FC ausgebildet worden, dann aber ausgerechnet zum ungeliebten Nachbarn Bayer Leverkusen gewechselt. Vor zweieinhalb Jahren, beim letzten Länderspiel in Köln, wurde der blutjunge Wirtz beim 2:3 gegen Belgien übrigens schon nach 32 Minuten vom damaligen Bundestrainer Hansi Flick ausgewechselt.
Das wird Deutschlands „Fußballer des Jahres“ diesmal sicherlich nicht passieren. Trotz der Formsuche seit dem Millionen-Wechsel nach England zum FC Liverpool bleibt Wirtz für Nagelsmann ein elementarer und unantastbarer Unterschiedsspieler. „Flo ist ein extrem wichtiger Spieler für uns. Er wird auch morgen viel probieren“, sagte Nagelsmann.