44 Minuten, 30 Sekunden. Dann fällt die Schlussklappe. Jede Einstellung, jede Note der Chöre, jede Fürbitte der Lektoren, jeder Handgriff der Eucharistiefeier - der Wandlung - ist minutiös geplant.
„Und meine Predigt darf auf keinen Fall länger als sieben Minuten sein“, erzählt der Priester. „Ich spreche frei, musste das Manuskript aber vor einem Monat der Fernsehredaktion einreichen“, er schmunzelt, „auch jemand von der Bischofskonferenz wirft einen Blick darauf.“

Die Vorbereitungen für den ZDF- Fernsehgottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche in Geestemünde laufen am Freitag und Samstag auf Hochtouren: Pfarrer Marcus Scheiermann ist ein bisschen wie der Fels in der Brandung während des technischen Aufbaus. Foto: Arnd Hartmann
Das ZDF rief im Advent an. Seitdem ist die Gemeinde innerlich schon „auf Sendung“.
„Um Weihnachten hab ich die österlichen Lieder ausgesucht“, erzählt Diakon Samuel Elsner - am Sonntag mal nicht am Altar, sondern der Mann an der Orgel und jetzt gerade unterwegs zwischen einer Beerdigung und dem Organisieren der Tomatensuppe für alle Beteiligten.

Drei Tage dauern die technischen Vorbereitungen für den ZDF- Fernsehgottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche in Geestemünde. Vor dem Gotteshaus an der Buchtstraße lagert ein großes Equipment an Licht- und Tontechnik. Foto: Arnd Hartmann
Nur sein ungewohnt offen stehender „Collar“, der typische Stehkragen, verrät ein bisschen von der Spannung, unter der der 50-Jährige am Tag des technischen TV-Aufbaus in der Heilig-Herz-Jesu-Kirche an der Buchtstraße steht.
Seit 12 Jahren erster katholischer Live-TV-Gottesdienst
Das Drehbuch für einen live in rund eine Million Haushalte ausgestrahlten Gottesdienst wird seit diesem Freitag im Detail geprobt. Erstmals seit zwölf Jahren wird der sonntägliche ZDF-Gottesdienst aus der katholischen Bremerhavener Kirche gesendet - per Satellit via Mainz raus in die Welt.
Der Ü-Wagen steht schon vor dem Portal, neben zwei XL-Lkw voller Technik. Ein Trupp Jugendlicher - vom Pfarrer in der Penne entschuldigt - schleppt Kisten, sie wuchten Kabelrollen, flitzen mit den 25 Bühnentechnikern durchs Kirchenschiff, in dem jetzt die Profis auf Hebebühnen Scheinwerfer an die Gerüste montieren. Es quietscht, sirrt, poltert, ruft und rappelt.
75 Strahler sollen die neogotische Kirche - 1911 geweiht - am Sonntag in schönstes Bildschirm-Licht tauchen.
„Ob alles glatt läuft?“, entringt sich Scheiermann ein Seufzer. „Es ist toll für unsere Gemeinde, auch für die Stadt, es ist aber auch ein Riesenaufwand.“

Die Scheinwerfer müssen an die "Traversen": Am Freitag vor dem großen TV-Sonntagsgottesdienst montieren die Profitechniker des ZDF insgesamt 75 Strahler verteilt im gesamten Schiff der Herz-Jesu-Kirche Geestemünde, assistiert von einem Trupp ehrenamtlicher Jugendlicher der Gemeinde. Foto: Hartmann Foto: Arnd Hartmann
Am Freitagabend ist „kalter Durchlauf“ ohne Kameras. Am Sonnabend die Generalprobe, „die Vorabendmesse wird 1:1 wie Sonntag gehalten, der ganze Durchlauf“, sagt Scheiermann, „wird zur Sicherheit aufgezeichnet, falls am Sonntag doch noch Unvorhersehbares geschieht.“

Pfarrer Marcus Scheiermann und John Lehmann (17) aus der Truppe der ehrenamtlich mit anpackenden Jugendlichen im Aufbau-Gewusel in der Herz.-Jesu-Kirche. Foto: Schwan
20 Bremerhavener Gemeindemitglieder sind gerne dabei und gleichzeitig an den 20 ZDF-Handys erreichbar.
Wer selbst am Sonntag live dabei sein will, muss bis spätestens 9 Uhr in der Kirche sein. Dann, sagt der Pfarrer, „lässt das ZDF keinen mehr rein“.
ZDF-Gottesdienst in der Heilig-Herz-Jesu-Kirche
Bremerhavens katholische Kirche im Ausnahmezustand: Scharen von Technikern, Gerüsten, Kabelrollen. Scheinwerfern, Mikrofonen, Stativen, ...