Manchmal überlegt man als Journalist: Schreibe ich das jetzt? Ein paar Tage vor der Premiere von „Sein oder Nichtsein“ am Stadttheater traf ich mich kurz mit der Regisseurin, dem Bühnenbildner und der Kostümbildnerin. Das machen wir eigentlich immer, um in einem Vorbericht die Leser schon einmal zu informieren, was sie erwarten können. Kurz vor dem Treffen las ich noch die Biografie der Regisseurin, mit der sie sich auf der Homepage des Stadttheaters selbst vorstellt. Und war elektrisiert. Johanna Schall hat bis 1997 als Schauspielerin am Deutschen Theater mit Regiegrößen wie Alexander Lang und Thomas Langhoff gearbeitet, die ich selbst in den 80er- und 90er-Jahren in Berlin bewundert habe. Als ich sie auf die Zeit ansprach, war die Reaktion sehr verhalten. Seltsam. Ich schrieb den Vorbericht, er erschien. Doch ein Störgefühl blieb. Irgendwas hatte ich bei der Regisseurin übersehen, da war ich mir sicher, nur was? Also googelte ich sie und es sprang mir sofort entgegen. Johanna Schall ist die Enkelin von Bertolt Brecht und Helene Weigel und verwaltet nach dem Tod ihrer Mutter Brechts literarischen Nachlass. In der Theaterkritik habe ich es nicht geschrieben. Denn offensichtlich findet Johanna Schall, dass jeder für seine Arbeit selbst einstehen muss, sonst hätte sie in ihrer Selbstauskunft nicht nur geschrieben, dass „ein Großteil meiner Familie dem Theater verfallen ist“, sondern die berühmten Namen konkret für sich genutzt. Ich sehe das genauso, ihr Großvater hat mit ihrer Inszenierung nichts zu tun. Doch jetzt sollen Sie als Leser es natürlich wissen: Brechts Enkelin arbeitete in Bremerhaven – mit einer weiteren Enkeltochter des Dramatikers. Schwester Jenny Schall war die Kostümbildnerin. Übrigens: Am 18. Oktober ist die nächste Vorstellung.
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