Bremerhaven

Buch über Bremerhavens Werftarbeiter und Widerstandskämpfer

Er war Werftarbeiter, Kommunist und Kämpfer im Untergrund, der als KZ-Häftling sein Leben für seine Überzeugung eingesetzt hat. Nach dem Krieg hat Folkert Potrykus den Wiederaufbau Bremerhavens politisch begleitet. Dr. Manfred Ernst stellt ihn vor.

Ein älterer Mann hält ein Buch in der Hand. Er steht vor einem Bücherregal.

Rund drei Jahre hat Dr. Manfred Ernst an dem Buch über Folkert Potrykus gearbeitet. Der 1971 verstorbene Geestemünder riskierte sein Leben im Kampf gegen den Nationalsozialismus und war am politischen Wiederaufbau Bremerhavens beteiligt. Foto: Scheschonka

Das Buch „Folkert Potrykus. Nie kämpft es sich schlecht für Freiheit und Recht“ wird am Dienstag, 17. Januar, um 18 Uhr im Historischen Museum erstmals präsentiert. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe 75 Jahre Stadtverfassung Bremerhaven statt.

Rund drei Jahre hat Manfred Ernst, Ehrenbürger Bremerhavens und Stadthistoriker, an dem Buch gearbeitet - dessen Entstehung er einem glücklichen Umstand zu verdanken hat. Kurz nach Erscheinen seines Buches „Der aufrechte Gang“ über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Bremerhaven erhielt Manfred Ernst den schriftlichen Nachlass des 1971 verstorbenen Potrykus. Dessen Witwe Frieda Potrykus hatte nicht nur die alten Fotos seiner Familie verwahrt, sondern auch Dokumente zur Sozialgeschichte Bremerhavens, dazu Potrykus Briefe aus den Konzentrationslagern Esterwegen und Sachsenhausen sowie die Briefe seiner Mutter an ihn während seiner Untersuchungshaft im Leher Gefängnis. Seine seit 1945 gesammelten Unterlagen über den Aufbau eines neuen demokratischen Gemeinwesens in Bremerhaven bilden wichtige Fundstücke zur Verfassungsgeschichte der Stadt.

„Lebensbuch“ über Jugend, Zeit auf der Werft und im Nationalsozialismus

Ein besonderer Schatz im Nachlass des im Jahre 1900 geboren Potrykus ist das handschriftliche „Lebensbuch“ mit den Aufzeichnungen von Potrykus über seine Jugend, die Arbeit als Lehrling auf der Werft, über die Zeit des Ersten Weltkrieges sowie der Weimarer Republik, an deren Ende der Widerstand Potrykus’ gegen den Nationalsozialismus begann. Hinzu kam ein von der Gestapo zunächst beschlagnahmtes Fotoalbum über die Arbeiterhäuser auf Geesthelle aus dem Jahr 1940, das Manfred Ernst von guten Freunden erhielt und dass das dokumentarische Material aus dem Nachlass eindrucksvoll ergänzte. Aus Archiven, privaten Sammlungen, aus Urteilen vor und nach 1945, aus Verwaltungsakten, aus alten Zeitungsbänden, aus Gesprächen und Bibliotheken konnte Ernst die Geschichte des Mannes recherchieren, der als Werftarbeiter, als Sozialist, Kommunist und Journalist, als Widerstandskämpfer und als KZ-Häftling sein Leben für seine Grundsätze eingesetzt hat. Der schließlich, obwohl schon 1951 aus der KPD „ausgestoßen“, bis 1955 den Wiederaufbau Bremerhavens politisch begleitet hat, in den letzten 15 Jahren seines Lebens als eifriger Schreiber pointierter Leserbriefe an die Nordsee Zeitung.

In dem Buch mit dem Titel „Folkert Potrykus. Nie kämpft es sich schlecht für Freiheit und Recht“ erzählt Ernst neben Potrykus’ Geschichte auch Bremerhavens Stadtgeschichte aus einer neuen Perspektive. Das Buch erscheint in der Reihe der wissenschaftlichen Veröffentlichungen des Stadtarchivs. Es wird am 17. Januar im Historischen Museum von Dr. Jost Lübben vorgestellt, den Ernst aus gutem Grund darum gebeten hat: Lübben, Chefredakteur der Westfalenpost und früher der Nordsee-Zeitung, ist Teil des Stammbaums der Lübben. Von diesem Stammbaum führt ein Zweig zu Potrykus Großmutter Sophie Ley, die eine geborene Lübben war. Wie Potrykus lebte sie in einem der Arbeiterhäuser der Rickmers Werft auf Geesthelle. Die Buchvorstellung durch Jost Lübben wird damit gleichsam zu einem späten Akt von Familienzusammenführung.

Ein Schwarz-Weiß-Foto. Ein Mann sitzt auf einer Bank und liest Zeitung

Folkert Potrykus starb im Alter von 71 Jahren. Sein schriftlicher Nachlass bildete nun die Grundlage für das Buch. Foto: Archiv

Tobia Fischer

Kultur, Reporterin mit besonderen Aufgaben

Tobia Fischer, Jahrgang 1963, ist stellvertretende Teamchefin der Lokalredaktion. Seit 1993 arbeitet sie bei der NORDSEE-ZEITUNG. Die gebürtige Heidelbergerin hat in Berlin studiert und als freie Journalistin gearbeitet.

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