Hausärzte sind rar geworden im Kreis Cuxhaven. Der Ärztemangel ist riesig, die Bereitschaft der Mediziner, eine eigene Praxis zu übernehmen, ist gering. Abhilfe könnten sogenannte Medizinische Versorgungszentren (MVZ) schaffen, die von einem Geschäftsführer mit angestellten Ärzten geführt werden. In Nordholz läuft seit 2022 erfolgreich ein Pilotprojekt. Jetzt prüft der Kreis Cuxhaven, ob er ein zweites Medizinisches Versorgungszentrum schafft - entweder im Südkreis oder in Cuxhaven. Das Land hat jetzt 45.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie spendiert.
Im Südkreis ist der Ärztemangel dramatisch
Darüber nachgedacht wird im Kreishaus schon länger. Vor allem im Südkreis ist der Ärztemangel dramatisch. In Loxstedt, Schiffdorf, Beverstedt und Hagen werden eigentlich 38,25 Hausärzte benötigt, um die fast 57.000 Einwohner vernünftig medizinisch zu versorgen. Tatsächlich sind dort aber nur 24,25 der Hausarzt-Sitze besetzt. 14 Ärzte fehlen also. Und die Lage wird nicht besser werden. Denn die Hälfte der Hausärzte im Kreis ist älter als 60 Jahre, viele werden über kurz oder lang aufhören und suchen händeringend nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin.
Oft finden sie niemanden. Ein Grund: Die Medizin ist weiblich geworden. Und viele der jungen Ärztinnen schrecken vor der Selbstständigkeit und den damit verbundenen langen Arbeitszeiten zurück, wenn es sie denn überhaupt aufs Land zieht. Sie möchten Karriere und Kinder vereinbaren.
Nordholzer Zentrum ist ein Modellprojekt des Landes
Eine Idee, um dem zu begegnen, lautet, Gesundheitszenten zu schaffen, in der ein Geschäftsführer sich um die wirtschaftliche Seite der Praxen kümmert und die Ärzte angestellt arbeiten können. In Niedersachsen haben sie den etwas unhandlichen Namen „Regionale Versorgungszentren“ (RVZ) und sollen neben Hausärzte auch viele andere medizinische Angebote.
Ein solches RVZ haben der Kreis Cuxhaven und die Gemeinde Wurster Nordseeküste 2022 in Nordholz gegründet. Es ist ein Modellprojekt des Landes, das die Gründung der Riesen-Praxis in der Ortsmitte mit mehr als einer Million Euro unterstützt hat. Inzwischen steht das von den beiden Kommunen als gemeinnützige GmbH geführte Versorgungszentrum finanziell auf eigenen Füßen – und hat sich niedersachsenweit einen Namen gemacht. „Wir sind ein Player in der Gesundheitsbranche geworden“, freut sich Friedhelm Ottens, Sozialdezernent des Kreises.
Bald werden es fünf Hausärzte im MVZ Nordholz sein
Tatsächlich ist das RVZ in der über 100 Jahre alten Villa, in der früher die Führung des Marinefliegergeschwaders residierte, ein Vorzeigeprojekt. Das merkt man schon, wenn man das vom Besitzer Ronald Wilksen liebevoll restaurierte und ausgebaute Gebäude betritt. Untrügliches Zeichen: Immer mehr Ärzte wollen hier arbeiten. Im Medizinischen Versorgungszentrum in Nordholz arbeiten mittlerweile vier Hausärzte, ein fünfter fängt im Herbst an. Einen „Aufnahmestopp“ für neue Patienten, den mittlerweile mancher Hausarzt verhängt hat, gibt es hier nicht, versichert MVZ-Geschäftsführer Dr. Andreas Rühle.
In dem historischen Gebäude haben sich rund um das MVZ mehrere Fachärzte angesiedelt. Der Kinderarzt Michael Scheel hat dort ein eigenes MVZ mit inzwischen vier Kinderärzten eröffnet, es gibt einen Frauenarzt, eine Oralchirurgin, eine Psychotherapeutin, seit neustem auch einen Rheumatologen und eine Urologin. Das Sozialpsychiatrische Zentrum ist aus Debstedt nach Nordholz gezogen, es gibt eine Physio- und eine Ergotherapie, eine DRK-Tagespflege, eine Beratung für Demenzerkrankungen, eine Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige und ein Cafe, das ziemlich gut läuft.
Großen Anteil am Erfolg hat der Geschäftsführer
Großen Anteil am Erfolg des RVZ – darin sind sich alle einig - hat der Geschäftsführer. Rühle hat Betriebswirtschaft studiert und arbeitet seit über 20 Jahren im Gesundheitsmanagement. Er hat es sogar geschafft, dass das Zentrum im ersten Jahr seiner Existenz schon schwarze Zahlen geschrieben hat. Rühle ist jetzt auch vom Kreis beauftragt worden, eine Machbarkeitsstudie für ein zweites MVZ im Cuxland erstellen zu lassen.
Der erste Schritt dazu für den erfahrenen Gesundheitsmanager ist das Gespräch mit den niedergelassenen Ärzten vor Ort. „Wir wollen ein zweites Versorgungszentrum ja zusammen mit den niedergelassenen Ärzten entwickeln, nicht gegen die Ärzte“, stellt er klar. Obwohl ihre Praxen überrannt werden, stehen nicht alle Hausärzte dem offen gegenüber. Sie fürchten die Konkurrenz im Ringen um die wenigen Fachkräfte. Cadenberge ist deshalb als möglicher Standort schon aus dem Spiel, weil die Ärzte dort Vorbehalte gegen die Pläne hatten, erzählt Dezernent Ottens. Die Gespräche mit den Medizinern in Cuxhaven und in Schiffdorf stehen noch aus.

Dr. Knut Thiele (hier mit einer Patientin) ist einer der vier Hausärzte im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in Nordholz. Foto: Hansen

Mit ihm sind alle rundum sehr zufrieden: Dr. Andreas Rühle, Geschäftsführer des Regionalen Versorgungszentrums (RVZ) in Nordholz. Foto: Hansen