Das Museum für gegenstandsfreie Kunst ist ein ungewöhnlicher Kunst-Tempel für einen Landkreis. Auf wenigen Quadratmetern widmet sich das kleine Museum in einer ehemaligen Sparkassenfiliale an der Otterndorfer Torstraße der abstrakten Kunst. Also dem Reiz der Abstraktion, der seit mehr als 100 Jahren frischen Wind in die Kunstgeschichte bringt und durch Wassily Kandinsky, Piet Mondrian oder Joan Miro sogar populär wurde. Nun will die Sparkasse ihre frühere Filiale im Zentrum von Otterndorf loswerden. Und der Kreis, der die Zukunft des Museums sichern will, kauft das Gebäude.
Kreispolitik gibt einstimmig grünes Licht
Der Finanzausschuss hat dafür einstimmig grünes Licht gegeben. Das dürfte den Politikern leicht gefallen sein. Zumal die Kulturstiftung der Weser-Elbe-Sparkasse die 400.000 Euro bereitstellt. Aber die Politik steht auch hinter dem Kunst-Tempel. Das Museum für gegenstandsfreie Kunst, betonte der Vorsitzende des Ausschusses, Gunnar Wegener (SPD), sei eine „herausragende Einrichtung“, nicht nur in der Region, sondern in Deutschland und weltweit“.
Tatsächlich ist das kleine Museum in seiner Spezialität ungewöhnlich, erst recht für den Standort. Mit Miro könnte man heutzutage sein Haus füllen. Doch Künstler wie die US-Amerikaner Bridget Riley, Sol de Witt, Mark Sheinkman oder die Chinesen Ding Yi, Shen Fan und Yu Youhan, die alle schon in Otterndorf gezeigt wurden, haben es abseits der Metropolen nicht so leicht. „Wir zeigen Kunst, die sich nicht mit dem Abbild beschäftigt, sondern mit den Dimensionen von Farben und Formen“, hat die langjährige Museumschefin Dr. Ulrike Schick einmal betont.
Prominente Fans, aber auch Anfeindungen
Für die Provinz ist das ungewöhnlich. Das kleine Museum, das vor 60 Jahren von Kunstinteressierten initiiert und inzwischen vom Landkreis getragen wird, muss sich deshalb durchaus Anfeindungen erwehren. Zuletzt kamen sie zumeist von den Kreistagsabgeordneten der AfD, die heute unter dem Namen Bürgerliche Alternative firmieren. Ihr Fraktionschef Anton Grunert hat immer wieder gefordert, dass der Kreis seine Unterstützung für das Museum einstellt. Es sei schlicht zu teuer, so Grunert. Denn für diese Art von Kunst interessierten nicht mehr als etwa 1000 Besucher im Jahr, so sein Argument.
Das Otterndorfer Museum hat aber auch echte Fans. Prominente sind darunter wie der frühere Bundespräsident Christian Wulff, der sich seine Dienstvilla in Berlin-Dahlem mit Werken aus dem Otterndorfer Fundus ausstatten ließ. Auch David McAllister tat das, in seiner Zeit als Ministerpräsident in der hannoverschen Staatskanzlei. Und der frühere Landrat Kai-Uwe Bielefeld hat in seiner Amtszeit die ganze Chefetage im Kreishaus mit Werken aus dem Avantgarde-Standort in Otterndorf behängt.
ZUSATZINFO: Der Kreis-Haushalt
Der Kreis-Haushalt sieht nach dem ersten Quartal 2023 besser aus als erwartet. Kämmerer Thomas Raeder rechnet derzeit mit einem Defizit von knapp 2,9 Millionen Euro für 2023. Im Februar, als der Etat verabschiedet wurde, lag das Minus noch bei über 5 Millionen Euro. Hauptgrund: Die Steuereinnahmen sind höher als erwartet, der Kreis bekommt vom Land höhere Schlüsselzuweisungen, auch bei den Sozialausgaben. Dass der Kreis zugleich für das Krankenhaus Otterndorf tiefer in die Tasche greifen muss, kann er deshalb wegstecken.