„Warum soll ich hier in Bremerhaven denn irgendwen in Europa wählen?“, das fragen mich derzeit etliche. Die Auswirkungen europäischer Gesetze für den Alltag hier sind verdammt komplex. Und da schießt mir plötzlich „Mimi“ in den Sinn. Was für eine Karriere: Pastorentochter, „kriminelle“ Schülerin auf der Bühne, EU-Kommissarin im wahren Leben...
Mir schwindelt, als ich auf die alten Fotos stoße. „Mimi“ ist seinerzeit Spitzname von Christiane Ratschow, Tochter des einstigen Bremerhavener Superintendenten Ernst-Michael Ratschow. Wir sind durchs Stadttheater auf einander gestoßen, 1991 - als Peter Köttlitz das russische Psychodrama „Liebe Jelena Sergejewna“ mit Jugendlichen inszenierte. Ich durfte Jelena spielen, die idealistische Pädagogin, die von ihren Schülern erpresst wird, die Abi-Aufgaben rauszurücken.

Christiane Canenbley, geborene Ratschow, in Brüssel. Seit rund 20 Jahren arbeitet die in Bremerhaven geborene Agrar- und Politikwissenschaftlerin direkt bei der EU an den Schalthebeln der Gesetzgebung. Foto: Canenbley
Aber Christiane entschied sich für die internationale Polit-Bühne, studierte Agrar-Ökonomie an der Pariser Sorbonne, ging nach Brüssel, machte an der Schaltzentrale der Macht Karriere, auch im Kabinett des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, war beteiligt an den Gesetzesvorlagen für den digitalen Binnenmarkt, wurde stellvertretende Kabinettschefin der Exekutiv-Vizepräsidentin der EU, zwischendurch heiratete sie Architekt Ole Canenbley und bekam fünf Kinder.
Jetzt lese ich, schweißgebadet vor Ehrfurcht, dass sie frisch ernannt worden ist zur Hauptberaterin für Technologie-Strategie der EU-Haushaltskommission... Ich hab ihr einfach mal gemailt. Auf der Suche nach einer einfachen Antwort auf Siehe-Oben.