Ich müsste mal wieder zum Zahnarzt. Eigentlich habe ich kein großes Verlangen nach Begegnungen mit Zahnmedizinern. Es ist nicht so sehr die Angst, und auch die Spritze beeindruckt mich nicht mehr. Es ist etwas anderes. Kaum sitzt man auf dem Zahnarztstuhl, kommt meistens die obligatorische Bestandsaufnahme: „18 kariös, 17 fehlt, 16 da …“ Das ganze Gebiss gehen sie da gnadenlos durch. Alles wie ein einziger Vorwurf.
In diesen Momenten sind auch die Kommunikationsmöglichkeiten eingeschränkt. Der Mundraum ist besetzt, die Augen liegen abseits des Interessenfokus, und mit den prä-sprachlichen Geräuschen mittels Luftausstoß aus dem Bauchraum kann man sich schlecht differenziert und gendergerecht ausdrücken und fragen: „Entschuldigung, liebe Zahnärzt:Innen und Zahnbehandelnde, könnten Sie bitte die Folgen meiner jahrelangen Ernährungssünden ein wenig diskreter behandeln – auch und besonders vor mir?“
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Zahnärzte. Ich würde mich auch nie an Protestaktionen gegen Zahnärzte beteiligen wie „Fridays against Dentists“, falls es sie mal geben sollte, nie „Dentists go home“ skandieren, nie die Praxistüren mit orangener Farbe besprühen. Und doch fragt man sich: Wo bleibt der Schutz des Menschen vor den eigenen persönlichen Daten?

Ismail Kul Foto: Radoslaw Polgesek