Sönke Lusch sitzt im Dorfgemeinschaftshaus in Schwegen und lächelt zurückhaltend. Er ist keiner, der viel Aufhebens um sich macht. Dabei ist ihm etwas Besonderes gelungen: Der 33-Jährige hat sein erstes Theaterstück geschrieben – und das auch noch auf Platt. Am 13. Januar wird die Speeldeel Langendammsmoor es im Dorfgemeinschaftshaus in Schwegen als Uraufführung auf die Bühne bringen. Mit Lusch, dem Bühnenleiter der Speeldeel, in einer Hauptrolle.
Die meisten Altersgenossen von Sönke Lusch dürften mit Plattdeutsch nicht viel am Hut haben. Das einst flächendeckend gesprochene Platt droht auszusterben, auch auf dem Land sprechen es nur noch die Älteren. Aber Lusch ist in Schwegen groß geworden - in einem Drei-Generationen-Haus, mit Großeltern, die untereinander nur Platt sprachen, und der Speeldeel, der Theatergruppe in dem 250-Seelen-Dorf, die mit ihren Stücken das Plattdeutsche pflegt.
Mit 8 stand Sönke Lusch das erste Mal auf der Bühne, beim Weihnachtsmärchen, das die Speeldeel jedes Jahr mit Kindern aus dem Dorf aufführt. Mit 17 schloss er sich der Theatergruppe an, die seit 1979 existiert. „Mein Opa hat mitgespielt, meine Mutter, meine Tante, meine Cousine, meine Schwester. Da lag das nahe“, erzählt er und lächelt. Und ihn habe das Theater immer fasziniert, schwärmt der Schwegener. „Auf der Bühne zu stehen und die Leute zu unterhalten, das macht riesigen Spaß.“ Heute leitet er die Theatergruppe des TSV Langendammsmoor zusammen mit Stefanie Tietjen.
Doch der junge Mann wollte früh mehr. Mit 20, als er im Krankenhaus am Bürgerpark seinen Zivildienst absolvierte, kam ihm die Idee für ein eigenes Stück. Eine klassische Verwechslungskomödie, die in einer Landarzt-Praxis spielt. Die ist abgebrannt, der Doktor hat die Behandlung deshalb in die eigenen vier Wände verlegt. Da ihm die Patienten die Tür einrennen, heuert er in der Stadt einen Arzt an, der ihm helfen soll. Der Mediziner wird sehnsüchtig erwartet. Als es klingelt, denken alle, dass die Unterstützung da ist. Doch es ist der Freund der Arzttochter, mit dem sie sich heimlich verlobt hat. Und der nun für den Mediziner gehalten wird.
Eine Rolle, die Lusch sich selber auf den Leib geschrieben hat. „Ich hab beim Schreiben immer vor Augen gehabt, wer bei uns die Rollen übernehmen soll“, erzählt er. Eigentlich sei er selber inzwischen ein bisschen zu alt für den jugendlichen Liebhaber, gibt er zu. Aber er habe ja nicht geahnt, dass es acht lange Jahre dauern könnte, bis der Dreiakter „Huusbesöök bi’n Dokter“ fertig war. Dann musste Lusch noch den Mut finden, sein Stück dem Theaterverlag Karl Mahnke anzubieten. Drei Tage später hatte er eine Antwort. „Die Lektorin wollte das Stück. Und sie hat gesagt, dass ich gute Dialoge schreiben kann“, strahlt er. Dem Autor fiel ein Stein vom Herzen.
Heute geht es ihm das Schreiben wesentlich flotter von der Hand. Sein zweites Stück hat der studierte Historiker schon bei Verlagen eingereicht, mittlerweile arbeitet er an seinem fünften Werk. Alles auf Platt. Was ihm am Anfang nicht ganz leicht fiel, gesteht er. Das Schreiben in der niederdeutschen Sprache sei ja eine große Herausforderung. „Platt ist ja keine Schriftsprache, da gibt es keine einheitliche Rechtschreibung.“ So liegt immer das Wörterbuch neben dem PC, wenn der Schwegener an seinen Stücken feilt.
Inzwischen hat Lusch Spaß am Schreiben gefunden. So viel Zeit dafür hat er aber nicht mehr, seit er als Quereinsteiger den Einstieg ins Lehrer-Dasein gefunden hat und zumindest bis Februar als Vertretungskraft an der Grundschule in Wallhöfen bei Hambergen arbeitet. Der Job an der kleinen Schule gefalle ihm sehr gut. „Aber es wäre natürlich ein Traum, wenn man vom Schreiben leben könnte.“
Nun steht aber erst einmal die Uraufführung seines ersten Stücks am nächsten Freitag an. Lusch, der immer Lampenfieber hat, wenn er auf die Bühne geht, wie er gesteht, ist diesmal besonders nervös. „Das Schlimmste wäre“, sagt der Schwegener, „wenn ich hinter der Bühne mitkriege, dass die Leute nicht lachen.“ Doch das wird nicht passieren, glaubt er. Denn eigentlich ist er überzeugt, dass seine Komödie gelungen ist. „Wenn ich das Geschriebene lese und dann selber darüber schmunzeln kann, weiß ich, dass es gut ist“, sagt er.