Nordenham ist nicht Bullerbü und auch nicht das Schlaraffenland. Nordenham hat viele Probleme. Aber Nordenham ist und bleibt allemal eine Stadt, in der es sich gut leben lässt. Es gibt hier bezahlbaren Wohnraum, gut dotierte Arbeitsplätze, eine gemessen an der Größe der Stadt gute Infrastruktur und ein überdurchschnittlich großes Kulturangebot.
Und doch sind offenbar viele Menschen unzufrieden. 1.717 Nordenhamerinnen und Nordenhamer haben am vergangenen Sonntag bei der Europawahl der AfD ihre Stimme gegeben. Die sogenannte Alternative für Deutschland hat damit 15,9 Prozent aller Stimmen geholt - wohlgemerkt in einer Stadt, in der sie politisch gar nicht offen in Erscheinung tritt.
Dass viele Wähler ihr Kreuz wohl insbesondere deshalb für die AfD gemacht haben, um die Ampel-Regierung in Berlin abzustrafen, ist nur ein schwacher Trost. Dass die AfD in den anderen Kommunen der Wesermarsch ähnlich gute, treffender gesagt: alarmierende Ergebnisse erzielt hat, macht die Sache auch nicht besser.
Was ist aus den Ergebnissen der Europawahl abzuleiten? Was kann Nordenham tun nach einer Wahl, die gezeigt hat, dass es für ein „Wehret den Anfängen“ längst zu spät ist? Diese Fragen müssen sich die im Stadtrat vertretenen Parteien ebenso stellen wie die Stadtverwaltung und der Landkreis. Und ganz besonders müssen das auch die Bürger tun.
Wer die Demokratie in dieser Stadt erhalten wissen möchte, sollte sich einbringen, sich über Zusammenhänge informieren, nicht jede Polemik, mit der auf Wahlplakaten und in den „Sozialen“ Medien ganz bewusst Ängste geschürt werden, für bare Münze nehmen. Verdruss ist kein Mittel, um ein funktionierendes Miteinander zu organisieren.
Zum Wahlergebnis passen die dumpfen Parolen, die angeblich am vergangenen Freitag am Nordenhamer Strand gegrölt wurden. Sie sind das widerliche Kontrastprogramm zum Fonsstock-Festival, bei dem wenige hundert Meter entfernt Menschen unterschiedlichster Couleur friedlich miteinander gefeiert haben.
Nordenham muss gar nicht Bullerbü sein. Nordenham muss nur die Stadt bleiben, in der es sich bei allen nicht wegzudiskutierenden Problemen doch gut leben lässt. Dafür müssen wir uns wohl alle noch mehr anstrengen.