Heute geht es an dieser Stelle mal um ein ernstes, aber gleichwohl wichtiges und durch den Vormarsch der AfD leider wieder sehr aktuelles Thema: Hitlers sogenannte Machtergreifung am 30. Januar 1933. Und das kam so: Berlin, 30. Januar 1933: Gegen zehn Uhr verlässt Adolf Hitler unter dem Jubel seiner Anhänger das Hotel Kaiserhof, steigt in einen Wagen und fährt zur Reichskanzlei. Eine Stunde später ernennt ihn Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler. Vizekanzler wird der konservative katholische Franz von Papen, Ex-Kanzler und Hindenburg-Vertrauter. Er hat mit Hitler die Details der neuen Regierung ausgehandelt. Die meisten Minister sind Konservative. Zusammen mit ihnen will von Papen Hitler „zähmen“.
Was am 30. Januar 1933 geschehen ist, ist keine „Machtergreifung“ oder „Machtübernahme“, sagt der britische Historiker Ian Kershaw: „Es war eine Machtübergabe.“
Seit Hitler bei der Novemberwahl 1932 zwei Millionen Stimmen verloren hat, reicht seine Massenbasis für die Kanzlerschaft nicht mehr aus. „Die Nazis brauchten die Eliten, um an die Macht zu kommen“, so Kershaw. Hindenburg habe Deutschland an Hitler ausgeliefert. „Die Konservativen unterstützten ohnehin mehr oder weniger das, was die Nazis selber wollten“, so Kershaw: Abschaffung der Demokratie, Zerschlagung der Linken, Einführung der Diktatur.
Die Nazis nutzen die Chance. Sie bauen ihre Macht mit Propaganda und Terror aus. Beim letzten Wahlkampf der Weimarer Republik verspricht Hitler am 10. Februar 1933 im Berliner Sportpalast ein neues Deutsches Reich „der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit. Amen!“ Nach dem Reichstagsbrand Ende Februar werden die Grundrechte faktisch abgeschafft, Kommunisten und Sozialdemokraten verfolgt. Obwohl die Wahl nicht mehr wirklich frei ist, bleibt die NSDAP mit 44 Prozent der Stimmen unter den Erwartungen. Zusammen mit der verbündeten Deutschen Volkspartei erreicht sie aber eine knappe Mehrheit.
Um im neuen Reichstag sein Ermächtigungsgesetz durchzubringen, muss Hitler tricksen: Der Reichstag soll sich selbst entmachten. Hitler braucht dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Alle KPD-Abgeordneten sitzen bereits in den Folterkellern der SA oder sind untergetaucht. Ihre Sitze werden kurzum gestrichen. Die verbliebenen Parteien stimmen dafür - auch Katholiken und Liberale. Nur die 94 SPD-Abgeordneten halten weiter an der Demokratie fest. Der Rest ist bekannt: Es folgen Aufrüstung, Krieg und Völkermord.