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Sechs Streamingtipps im August - Milchtrinken als erste Bürgerpflicht

Dramatisches mit Sigourney Weaver, ein düsterer Blick in die Zukunft sowie Aliens, die Gummibärchen lieben: Wir stellen die interessantesten Neuerscheinungen vor, die im August bei Streaminganbietern und in Mediatheken starten.

„The Lost Flowers of Alice Hart“: Sigourney Weaver als June Hart.

„The Lost Flowers of Alice Hart“: Sigourney Weaver als June Hart. Foto: Prime Video

„37 Sekunden“ (ab 4. August., ARD-Mediathek): Der Liedermacher Carsten (Jens Albinus) ist ein von Generationen als Idol verehrter Politpoet, reich und erfolgsverwöhnt. Der Mann ist ein Star, aber ein echter Widerling. Bei seiner Geburtstagsparty nötigt Carsten seine viel jüngere Ex-Geliebte Leonie (Paula Kober) zum Sex – sie möchte nicht und sagt nein, wehrt sich aber auch nicht mit voller Kraft, und er nimmt sich, was er will. Leonie offenbart sich ihrer besten Freundin Clara (Emily Cox), die als Anwältin vehement für Frauen eintritt, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Doch in diesem Fall ist der Täter ihr eigener Vater, Rockstar Carsten – Clara gerät in ein moralisches Dilemma und muss sich entscheiden, auf wessen Seite sie steht. Das ist in dieser spannenden Serie über Machtmissbrauch und MeToo der Anfangspunkt einer schmutzigen Schlammschlacht vor Gericht.

„37 Sekunden“: Clara Andersen (Emily Cox) singt mit ihrem Vater Carsten Andersen (Jens Albinus).

„37 Sekunden“: Clara Andersen (Emily Cox) singt mit ihrem Vater Carsten Andersen (Jens Albinus). Foto: ARD Degeto/Odeon Fiction GmbH/Ba

„The Lost Flowers of Alice Hart“ (ab 4. August., Prime Video): Dieses Familiendrama mit Sigourney Weaver ist mit seiner epischen Erzählweise nichts für TikTok-Sehgewohnheiten – und nähert sich dem Thema häusliche Gewalt auf ungewöhnliche Weise an. Die Handlung beginnt auf einer Farm in Australien, hier lebt die neunjährige Alice mit ihrem gewalttätigen Vater und ihrer geliebten Mutter. Nach einer halben Stunde ist die Farm unter rätselhaften Umständen abgebrannt, das Mädchen verwaist und Sigourney Weaver tritt mit Cowboyhut und Staubmantel in ihr Leben: Sie spielt die spröde Großmutter June, auf deren Blumenfarm traumatisierte Frauen und nun auch Alice Unterschlupf finden. Die Romanadaption folgt dem Schicksal von Alice in sieben Episoden über mehrere Jahrzehnte hinweg.

„Strange Planet“ (ab 9. August, AppleTV+): Sie verhalten sich wie Menschen – aber eben nur fast: Die kleinen blauen Männchen aus den Comics von Nathan W. Pyle können nicht lügen und sagen alles exakt so, wie es ist – ohne Schnörkel. Die Aliens lieben Gummibärchen, die auf ihrem Planeten schlicht „Raubtiere aus Gelatine“ heißen, finden eine Katze („Es vibriert. Das heißt, es funktioniert!“), und wenn sich Besuch ankündigt, müssen sie aufräumen: „Lass uns unregelmäßige Formen in Dingen mit glatter Oberfläche verbergen!“ Auch über ihre Gefühle sprechen sie in dieser naiven, aber beneidenswert klaren Sprache. Die bunten Comics über die sympathischen Außerirdischen sind in den USA Bestseller, jetzt hat Apple sie als Animationsserie adaptiert, die dem bisweilen wunderlichen menschlichen Alltagsverhalten mit sanftem Humor den Spiegel vorhält.

„Painkiller“ (ab 10. August, Netflix): Es ist eine Epidemie, die schon hunderttausende Todesopfer gefordert hat: Der Missbrauch von Opioid-Schmerzmitteln ist in den USA seit vielen Jahren ein gewaltiges Problem. Diese sechsteilige Thrillerserie erzählt, wie es so weit kommen konnte: Die Firma Purdue warf in den 90ern ein Schmerzmittel auf den Markt, das hochgradig süchtig machte, verharmloste die Gefahren jedoch und vermarktete das Mittel ohne Skrupel. Die flott inszenierte Serie erzählt vom Goldrausch bei den Herstellern, vom Leid der Betroffenen und nicht zuletzt von der engagierten Arbeit der Ermittler. Den Pharma-Boss spielt Matthew Broderick, der 1986 mit der Highschool-Komödie „Ferris macht blau“ zum Star wurde – mit seinem freundlichen Lausbubengesicht ist er eine interessante, reizvolle Besetzung für diesen skrupellosen Unternehmer.

„Painkiller“: (von links nach rechts) John Rothman als Mortimer Sackler, Matthew Broderick als Richard Sackler, Sam Anderson als Raymond Sackler.

„Painkiller“: (von links nach rechts) John Rothman als Mortimer Sackler, Matthew Broderick als Richard Sackler, Sam Anderson als Raymond Sackler. Foto: Keri Anderson/Netflix

„Arcadia“ (ab 18. August, ARD-Mediathek): Noch immer nicht genug von dystopischen Serien, in denen die Klimakatastrophe, Künstliche Intelligenz oder Killerpilze die Welt zu einem üblen Ort gemacht haben? Dann lohnt ein Blick in diese Near-Future-Serie, in der die Menschen nach einer ominösen Katastrophe an Ressourcenmangel leiden und ein sozialistisches Regime herrscht. Linientreue und gesunder Lebensstil sind angesagt, Milchtrinken und Maßhalten oberste Bürgerpflicht – ein persönlicher Score misst per Chip, ob man ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft ist. Als ein Familienvater die Scores seiner Frau und seiner Töchter schönt und auffliegt, wird er in eine unwirtliche Außenwelt vor der Stadt verbannt. Eine intelligente Serie, die ihre Denkanstöße zu zeitgenössischen Fragen in eine retrofuturistische Ästhetik hüllt.

„Arcadia“: Luz Hendriks (Lynn Van Royen) Bürgerscore wird gelesen.

„Arcadia“: Luz Hendriks (Lynn Van Royen) Bürgerscore wird gelesen. Foto: WDR/jonnydepony/Maarten De Bouw

„One Piece“ (ab 31. August, Netflix): Als 1997 in Japan der erste Band der Mangaserie „One Piece“ erschien, war dies der Beginn eines globalen Kulturphänomens. Die Mangas (105 Bände gibt es bisher) brechen Auflagenrekorde, es gibt Videospiele, Merchandisingartikel und eine TV-Trickserie, die auch hierzulande viele Fans hat. Kurz gesagt: „One Piece“ gilt als eines der erfolgreichsten Medienfranchises der Welt. Da ist es kein Wunder, dass die Saga um den jungen Piraten Monkey D. Luffy, der seinen Körper seit dem Verzehr einer Gummifrucht beliebig verbiegen kann, nun als Realserie verfilmt wurde. Luffy ist in den acht Episoden mit seiner Strohhutbande auf den Weltmeeren unterwegs und sucht einen legendären Schatz. Ein actionreiches Piratenabenteuer mit vielen Fantasyelementen, sehr aufwendig und liebevoll gemacht.

„One Piece“: Iñaki Godoy als Monkey D. Luffy.

„One Piece“: Iñaki Godoy als Monkey D. Luffy. Foto: Netflix

Cornelia Wystrichowski

Cornelia Wystrichowski ist als freie Mitarbeiterin für den Nordsee Medienverbund bestehend aus Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung tätig. Ihre Berichte finden sich unter diesem Autorenprofil gesammelt wieder.

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