Russlands Präsident Wladimir Putin hat wenig Interesse an einem stabilen Frieden mit der von ihm überfallenen Ukraine. Stattdessen will er dominieren, seine Ziele durchsetzen, die Ukraine unterwerfen – und die Nato trotz der anhaltenden Kriegsführung russischer Truppen auf Abstand halten. Ein so auftretendes Russland ist gefährlich für Europa, nimmt es doch möglicherweise nach der Ukraine auch andere Staaten ins Visier. Zumindest muss man sich im Bündnis darauf vorbereiten, einem russischen Angriff mit konventionellen Waffen auf ein Nato-Mitgliedsland antworten zu können. Und bestenfalls durch glaubwürdigere Abschreckung einen solchen Fall gar nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Zumal hybride Angriffe längst Realität sind und nicht nur die Sicherheit Europas, sondern auch den gesellschaftlichen Frieden attackieren. Und die Intensität dieser Angriffe hat zuletzt noch zugenommen. Vor diesem Hintergrund ist es überfällig und dringend geboten, dass die Nato ihre Aufgaben neu definiert und die Lastenverteilung innerhalb des Bündnisses neu regelt. Das wird beim Nato-Gipfel im Juni passieren. Dass Deutschland nun mit dem Regierungswechsel neue Töne anschlägt und die bislang eingeschlagene Richtung bei den Verteidigungsausgaben noch konsequenter fortsetzen wird, ist gut und richtig. Es ist absehbar, dass europäische Staaten mehr Verantwortung übernehmen werden und die USA sich stärker auf die Krisen etwa im Indopazifik konzentrieren werden. Daher ist es auch richtig, was Nato-Generalsekretär Mark Rutte vorgeschlagen hat: Neues Nato-Investitionsziel sollten 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für klassische Verteidigungsausgaben sein, zuzüglich 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Ausgaben, wozu etwa die Sanierung von Straßen, Brücken und Häfen zählen kann. Deutschland wird das mit den neuen Regelungen zur Verschuldung schaffen können, auch wenn es einen Kraftakt und später hohe Zinskosten für die Kredite bedeutet. Dass die Bundesregierung jedoch beim Thema Verteidigungsausgaben nicht mit einer Stimme spricht, muss sich rasch ändern. Es stiftet Verwirrung und Zweifel, wenn aus der SPD scharfe Vetos kommen zu Äußerungen des Außenministers Johann Wadephul (CDU), der sich hinter Ruttes Pläne stellte. Geschlossenheit muss Schwarz-Rot noch üben, und zwar schnell.
Weiterlesen
Wählen Sie das für Sie passende Angebot und lesen Sie weiter
- jederzeit umfassend informiert
- Zugriff auf über 10.000 zahlungspflichtige Artikel
- uneingeschränkter Zugriff auf unsere Rätselwelt