Das Amtsgericht Nordenham hat einen 33-jährigen Mann aus Wilhelmshaven am Montag wegen fahrlässiger Tötung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Außerdem wird sein Führerschein für zwei Jahre gesperrt.
Die Richterin sah es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte am 15. Mai vergangenen Jahres ans Steuer seines Golfs gesetzt hat, obwohl er stark alkoholisiert war. Mit überhöhter Geschwindigkeit kam er dann auf der Oldenburger Straße von der Fahrbahn ab und stieß auf dem angrenzenden Radweg mit einer 67-jährigen Pedelec-Fahrerin aus Nordenham zusammen. Die Frau erlag noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen.
So hoch war der Blutalkoholwert des Angeklagten
Der Atemalkoholwert des damals 32-Jährigen lag kurz nach dem Unfall bei 3,18 Promille. Der juristisch letztendlich relevante Blutalkoholwert betrug 2,48 Promille. „Jeder normale Mensch wäre nicht mehr in der Lage gewesen, vernünftig mit der Welt umzugehen“, so der Braker Rechtsanwalt Hans-Dieter Beck, der in Nebenklage einen Angehörigen der Verstorbenen vertrat.
Nicht so der Angeklagte: Ein Polizist, der damals an der Unfallaufnahme beteiligt war, sagte am Montag vor Gericht aus, dass der Angeklagte nach dem tragischen Vorfall, der sich gegen 13.30 Uhr ereignete, noch relativ „klar und orientiert“ gewesen sei. „Man konnte ihn noch verstehen. Er hat nicht stark gelallt“, sagte der Beamte aus.
„Ich bin kein Alkoholiker“
Die naheliegende Vermutung, dass der Angeklagte zumindest damals geübt darin war, viel zu trinken, bestritt dieser am Montag: „Ich bin kein Alkoholiker“, sagte der 33-Jährige, der in der Lagersteuerung bei einem großen Unternehmen tätig ist, gleich zu Beginn seiner Ausführungen.
Der Wilhelmshavener berichtete, dass er am 15. Mai in den frühen Morgenstunden nach Nordenham gefahren sei, um dort einen Bekannten zu besuchen. Dieser Bekannte habe „nur harte Sachen“ da gehabt, so der 33-Jährige, er selbst habe eine Kiste Bier mitgebracht.
Wann genau der Angeklagte damals in Nordenham ankam, blieb am Montag unklar. Immer wieder erklärte der Mann, der seit dem Unfall nach eigenen Aussagen an Depressionen leidet, sich an vieles nicht mehr genau erinnern zu können.
Kumpel des Bekannten setzt 33-Jährigen nach Streit vor die Tür
Der Bekannte habe am Morgen des 15. Mai das Haus verlassen, weil er zu einem Termin musste, so der 33-Jährige. Er selbst sei vor Ort geblieben, um seinen Rausch auszuschlafen. Doch dann habe ein Kumpel seines Bekannten vorbeigeschaut. Es sei zum Streit gekommen. Dieser Kumpel habe ihn vor die Tür gesetzt, so der Wilhelmshavener.
Das, so der Angeklagte, habe ihn so sehr aufgeregt, dass er trotz seines stark alkoholisierten Zustands losgefahren sei. Er habe zurück nach Wilhelmshaven fahren wollen. An die Fahrt und seine Fahrgeschwindigkeit könne er sich nicht mehr erinnern - wohl aber an den Moment des Aufpralls.
Auto und Pedelec nach Kollision stark beschädigt
Bei dem Zusammenstoß wurde das Auto des Angeklagten stark beschädigt. Das Pedelec der bei dem Unfall tödlich verunglückten Nordenhamerin wurde in mehrere Teile zerrissen.
Am Unfallort hätte der Angeklagte höchstens Tempo 70 fahren dürfen, streng genommen befand er sich sogar schon am Anfang eines Tempo-50-Bereichs. Dass der Wilhelmshavener sich hieran nicht gehalten hat, stand am Montag für jeden im Gerichtssaal außer Frage. Das tatsächliche Tempo blieb unklar.
Der 33-Jährige, der ledig ist und keine Kinder hat, entschuldigte sich am Montag bei den Hinterbliebenen für das, was er getan hat. Schon im vergangenen Jahr hatte er dies in Form eines Briefs getan. „Ich bin kein schlechter Mensch, wirklich nicht“, betonte er. Er bat um eine Chance, sein Leben wieder in den Griff bekommen zu können. Sein Anwalt plädierte dementsprechend dafür, die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.
Bewährung nur unter besonderen Umständen möglich
Dem kam die Richterin jedoch nicht nach. Bei einer so hohen Freiheitsstrafe sei eine Bewährung nur unter besonderen Umständen möglich - und die seien in diesem Fall nicht gegeben. Zum Beispiel sei nicht erkennbar, dass der Angeklagte seit dem Unfall sein offensichtliches Alkoholproblem angegangen ist.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte hat eine Woche Zeit, um Rechtsmittel einzulegen.