„Große Unruhe und Unsicherheit unter Vermietern von Ferienwohnungen herrscht derzeit in Butjadingen.“ Das stellt Matthias Wenholt, Erster Kreisrat und Dezernatsleiter des Landkreises Wesermarsch, fest. Der Hintergrund sind die Schreiben, mit denen die Gemeinde Butjadingen Vermieter darauf aufmerksam macht, dass eine Ferienwohnung genehmigt sein muss. Die beim Landkreis angesiedelte Bauaufsichtsbehörde ist für solche Genehmigungen zuständig. Und kann sich zurzeit vor Anfragen und Anträgen kaum retten.
Mit den Schreiben will die Gemeinde die Vermieter dazu bringen, Ferienwohnungen nachträglich genehmigen zu lassen, sollte eine solche Genehmigung nicht bereits vorliegen. Die Gemeindeverwaltung geht davon aus, dass eine hohe Anzahl von Ferienwohnungen in Butjadingen ohne Genehmigung und demnach illegal betrieben wird. Dem Butjadinger Wohnungsmarkt werde dadurch Wohnraum für Einheimische entzogen, der dringend benötigt werde, argumentiert die Verwaltung.
Kritik gibt es aus allen denkbaren Richtungen
Die Geschichte hat inzwischen viele Facetten. An der Weserstraße in Burhave beschweren sich Anlieger, dass ihnen der Vorstoß der Gemeinde nicht weit genug gehe - sie wollen in ihrer Wohnstraße überhaupt keine Ferienquartiere. Eine Frau, die bislang zwei Zimmer in ihrem Haus vermietet hatte, klagt, dass die Gemeinde den großen Investoren den roten Teppich ausrollen, jetzt aber den kleinen Vermietern das Leben schwer machen wolle. Eine andere Frau hat, von auswärts stammend, mit ihrem Lebenspartner ein Haus in Butjadingen gekauft, weil der Makler versichert hatte, dass die Immobilie als Ferienhaus zu nutzen sei. Das ist nicht der Fall; nun hat das Paar ein Problem.

Der Erste Kreisrat Matthias Wenholt beruhigt die Immobilieneigentümer. Niemand müsse Angst haben, mit seinem Antrag zu spät dran zu sein.
Foto: Christian Wyrwa
Unterdessen macht Matthias Wenholt in einer Pressemitteilung deutlich, dass der Vorstoß der Gemeinde Butjadingen bei der beim Landkreis angesiedelten unteren Bauaufsichtsbehörde „tagtäglich zu einem sehr hohen Arbeitsaufkommen“ führe. Viele Eigentümerinnen und Eigentümer verfügen nach Worten des Ersten Kreisrats nicht über die Bauunterlagen, die notwendig sind, um für eine Immobilie eine Nutzungsänderung zu beantragen. Ergo fragen die Leute beim Landkreis nach - mit dem Ergebnis, dass die Beschäftigten der Bauaufsichtsbehörde in jedem einzelnen Fall im Archiv nachsehen müssen.
Bauaufsichtsbehörde personell am Anschlag
Matthias Wenholt sagt, dass der Landkreis zu einer solchen Serviceleistung „gerne bereit“ sei. Er betont aber auch, dass es sich dabei nicht um eine Pflichtaufgabe der Bauaufsichtsbehörde handele und dass es gerade im Bereich der Bauverwaltung derzeit eine „sehr angespannte Personalsituation“ gebe. Daher könne die Bearbeitung von Anträgen und Anfragen „einige Zeit in Anspruch nehmen“.
Während die Gemeinde den Eigentümern geraten hatte, die Angelegenheit nicht auf die lange Bank zu schieben, da bei der Erteilung der Genehmigungen das Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ gelte, gibt der Landkreis nun die entgegengesetzte Marschrichtung vor: Niemand müsse Angst haben, mit seinem Antrag zu spät dran zu sein, versichert Matthias Wenholt.
Entscheidung „nicht vor Mitte des Jahres“
Die Bauaufsichtsbehörde werde nicht nach dem Windhundprinzip verfahren, sondern zunächst alle Anträge sammeln und in einem Lageplan erfassen. Dieser soll als Grundlage für die Prüfung der Verträglichkeit weiterer Ferienwohnungen in dem betreffenden Gebiet dienen. Eine Entscheidung werde „nicht vor Mitte des Jahres erfolgen“, so der Erste Kreisrat.

Längst nicht für jede Ferienwohnung, die in Butjadingen betrieben wird, liegt eine Genehmigung vor. Das sorgt seit Wochen für viel Wirbel.
Foto: Büttner
Butjadingens Bürgermeister Axel Linneweber wundert diese Vorgehensweise. „Wie und wonach soll denn entschieden werden, wenn alles vorliegt?“, fragt er sich. Zum Hintergrund: In allgemeinen Wohngebieten, die in Butjadingen die Regel sind, ist eine FeWo-Quote von maximal 30 Prozent erlaubt. Die Gemeinde war davon ausgegangen, dass der Landkreis so lange Genehmigungen erteilt, bis diese 30 Prozent in dem jeweiligen Gebiet erschöpft sind; so hatte sie es auch kommuniziert.
Gemeinde wundert sich über Vorgehen des Landkreises
Die Bauaufsichtsbehörde geht jetzt aber einen anderen Weg. Dazu Axel Linneweber: „Dass der Landkreis sammelt, ist neu für uns.“
Nach Auskunft des Bürgermeisters hat die Gemeindeverwaltung rund 700 Adressaten für die Schreiben, die schon im Vorfeld für so viel Wirbel gesorgt haben, ermittelt. Nicht zuletzt, um die Situation für den Landkreis zu entzerren, schickt die Gemeindeverwaltung die Briefe in zwei Etappen heraus. Die ersten Schreiben haben diese Woche Eigentümer in Waddens, Sillens und Burhave erhalten. Die zweite Rutsche soll nach Auskunft des Bürgermeisters in ein oder zwei Wochen die Eigentümer im restlichen Gemeindegebiet erreichen.