Das sagte der aus Brake kommende IHK-Präsident am Freitag bei der Jahrespressekonferenz der Industrie- und Handelskammer. Jan Müller sprach sich dafür aus, die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und es Ausländern zu erleichtern, in Deutschland arbeiten zu können. „Wir brauchen eine Willkommenskultur für diese Menschen“, sagte er. Wenn es bundesweit einen Bedarf von jährlich 400.000 neuen Arbeitskräften gebe, dann seien das, heruntergebrochen aufs Oldenburger Land, 6.000 Menschen.
1,7 Prozent weniger Auszubildende
Auch Auszubildende fehlen. 3.874 neue Ausbildungsverträge haben Industrie, Handel und Dienstleistungswirtschaft im vergangenen Jahr im Oldenburger Land geschlossen: 1,7 Prozent weniger als im Vorjahr. In der Wesermarsch wurden 276 Lehrverträge in IHK-Betrieben unterschrieben. Das ist der gleiche Stand wie im Vorjahr. Stefan Bünting, bei der IHK für das Thema Ausbildung zuständig, erwartet, dass die Situation auch in diesem Jahr angespannt bleibt. Im vergangenen Jahr konnten laut IHK im Oldenburger Land 44 Prozent der Unternehmen nicht alle Ausbildungsstellen besetzen - weil sie keine geeigneten oder nicht ausreichend Bewerbungen bekommen haben.
Bundesweit haben die Inustrie- und Handelskammern in diesem Monat eine Ausbildungskampagne gestartet, um junge Menschen für eine Ausbildung in einem Betrieb zu interessieren. „Jeder und jede sollen mitgenommen werden, auch junge Menschen mit Schwächen“, unterstrich IHK-Präsident Jan Müller. Menschen mit Handicaps, welcher Art auch immer, müssten entsprechend gefördert werden.
Zwei dieser Handicaps können mangelnde Sprachkenntnisse und mangelnde Kenntnisse der Strukturen in Deutschland sein: ein Problem bei vielen Migranten. In Zusammenarbeit mit den Berufsbildenden Schulen in Oldenburg-Wechloy hat die IHK das Ausbildungsprogramm „2+1“ gestartet. Dort werden Migranten zu Lageristen und Verkäufern ausgebildet. Das +1 steht für ein zusätzliches Jahr für den Erwerb der deutschen Sprache. Die Ergebnisse seien ermutigend, heißt es seitens der IHK. Jan Müller rät, dieses Programm in ganz Niedersachsen zu installieren. Dafür brauche es allerdings die Unterstützung durch das Land Niedersachsen, das Bildungsträger ist.
Umsatz der Industrie ist real zurückgegangen
Ein anderes Thema, das Chancen auf mehr Auszubildende im wirtschaftsstarken Nordwesten bieten könnte, ist die Gründung von Ausbildungszentren, in denen junge Menschen aus anderen Regionen betreut werden, während sie in einem Betrieb ihre Ausbildung absolvieren. In Nordenham ist solch ein Modell in der Industrie bereits diskutiert worden. Das sei der richtige Weg, sagte Jan Müller.
Die Wirtschaft im Oldenburger Land hat sich nach vor allem durch die Explosion der Energiepreise bedingten schwierigen Monaten wieder stabilisiert. Die Umsätze sind gestiegen - allerdings nicht wirklich, wie die Vertreter der IHK ausführten. Die zweistelligen Zuwachszahlen relativieren sich, wenn man bedenkt, dass die Energie- und Rohstoffkosten um rund 30 Prozent angezogen haben, so die IHK. Die Oldenburgische IHK geht von einem realen Umsatzrückgang von 6,3 Prozent aus. In der Wesermarsch beträgt der Umsatzverlust inflationsbereinigt laut IHK sogar 16,6 Prozent - trotz des Booms in einigen Branchen wie der Flugzeugindustrie.
Zurückgegangen ist zwischen Weser und Jade auch die Zahl der Arbeitsplätze in der Industrie. Und zwar um 2,1 Prozent auf 9218 Beschäftigte.