Immer mehr Schüler brauchen in der Schule zusätzlich Hilfe. Unterstützungsbedarf, den Lehrer allein nicht leisten können. Dafür gibt es Schulassistenzen. Statt diese in allen Fällen für die Bedürfnisse eines einzelnen Kindes zu engagieren, hat der Landkreis drei Jahre lang den Schulassistenzen-Pool erprobt. Weil es einer Stigmatisierung von Kindern entgegenwirke und auch finanzielle Vorteile für den Landkreis habe, ist Sozialdezernent Friedhelm Ottens überzeugt.
Zum Start des Modellversuchs an allen Geestländer Schulen - 5 Grundschulen, 2 Oberschulen, 2 Gymnasien - im Jahr 2019/20 wurden alle Schüler mit besonderen Bedürfnissen noch individuell ermittelt und anschließend mit der jeweiligen Schule gebündelt. Diese Methode sei sehr verwaltungsaufwendig gewesen, berichtet die zuständige Fachbereichsleiterin beim Landkreis, Kathleen Ziepke, am Dienstag im Kreis-Sozialausschuss. „Eine Ausweitung dieses Poolmodells auf weitere Schulen im Landkreis wäre ineffektiv gewesen.“
Schüler mussten nicht mehr individuell eingestuft werden
Der Landkreis erprobte nun einen systemischen Ansatz. Dabei wurden auf Grundlage der bisherigen Bedarfe Mittelwerte berechnet und den Schulen eine entsprechende Anzahl von Assistenzen zur Verfügung gestellt. Für Schüler hieß das, dass ihr Förderbedarf nicht mehr individuell ermittelt wurde.
Auch für die Schulassistenzen hat der noch bis Sommer 2023 geltende Pool Vorteile, berichtet Monika Franielczyk, Leiterin der Schulassistenz beim DRK Wesermünde, auf NZ-Nachfrage. So konnten Schulassistenzen unbefristet eingestellt werden, da ihr Job nicht mehr an einzelne Schüler und Schuljahre gebunden war. „Das hat die Zufriedenheit bei den Mitarbeitern deutlich erhöht“, sagt Franielczyk. Zum anderen fühlten sich die Assistenzen nun besser in den Alltag „ihrer“ Schule und ins Pädagogenteam integriert.
Der Bedarf an Schulassistenzen wächst. Die Schulen hätten immer gern noch mehr.
Franielczyk verhehlt nicht, dass die Poolbildung zunächst für Unruhe gesorgt habe. Aber das habe sich gelegt. „Eltern haben gespürt, dass sich für ihre Kinder nicht viel verändert hat.“ Zudem ermöglicht der Pool, dass die Assistenz den Blick weg von einem einzigen Kind richtet. Dadurch könnten sich Schüler mit Förderbedarf besser integrieren. Letztlich sei es das Ziel von Schulassistenz, irgendwann überflüssig zu werden.
Ein weiterer Vorteil besteht nach Einschätzung des Landkreises darin, dass Schüler auch dann die Schule besuchen können, wenn eine Assistenz erkranke. Das sei bei den persönlichen Assistenzen nicht immer der Fall gewesen.
Der Landkreis hätte sein aktuelles Modell gern auf den gesamten Landkreis ausgedehnt. Doch es gibt rechtliche Hindernisse. So könne auf die individuelle Feststellung des Bedarfs einer Schulassistenz nicht verzichtet werden, bedauert Sozialdezernent Friedhelm Ottens. Außerdem darf der Landkreis nicht dauerhaft einen Anbieter von Sozialassistenzen an eine Schule binden, weil dadurch andere Anbieter behindert würden. Und: Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern müsse gewährleistet sein.
Zwar hält der Landkreis am Assistenzen-Pool fest und erweitert ihn ab Herbst 2023 auf alle Schulen im Kreis. Allerdings müsse der Bedarf nun wieder für jedes einzelne Kind festgestellt werden. Hinzu kommt, dass der Kreis mit Schulen und Anbietern von Schulassistenz nur Jahresverträge abschließt. Suboptimal, findet Ottens das und appelliert an Politiker und Gesetzgeber: „Ändert die Rahmenbedingungen. Wir wollen Inklusion gut umsetzen, aber wir müssen es auch tun können.“