Beverstedt

Neue Ratsvorsitzende in Beverstedt: SPD und CDU in einer Familie

Claudia Suhr aus Wellen hat den Ratsvorsitz in Beverstedt übernommen. Sie ist in der SPD. Die Familie ihres Mannes jedoch in der CDU. Da lernt man früh das Brückenbauen. Die zweifache Mutter (36) hat auch in ihrem Job viel mit Erziehung zu tun.

Nach 20 Jahren übergibt Harald Michaelis (SPD) den Ratsvorsitz von Beverstedt an Claudia Suhr (SPD).

Nach 20 Jahren übergibt Harald Michaelis (SPD) den Ratsvorsitz von Beverstedt an Claudia Suhr (SPD).

Foto: Iven

Es hat ein bisschen geruckelt hinter den Kulissen. So manches Beverstedter Ratsmitglied hätten sich eine einvernehmliche Lösung für die Nachfolge des scheidenden Ratsvorsitzenden Harald Michaelis (SPD) gewünscht, der das Amt nun nach 20 Jahren abgegeben hat.

Eine Wahl wird zur Kampfabstimmung

Doch es kam anders, und so gab es tatsächlich eine Wahl zwischen zwei Kandidaten, die im ansonsten eher harmoniebetonten Beverstedter Gemeinderat auch gleich zur „Kampfabstimmung“ hochstilisiert wurde. Am Ende setzte sich Claudia Suhr (SPD) aus Wellen mit 17 zu 14 Stimmen gegen Bernd Beckmann (CDU) durch.

Für die 36-Jährige ist das allerdings kein Thema. „Eine Wahl ist etwas völlig normales“, sagt Claudia Suhr. „Politische Unterschiede sollen durchaus sichtbar werden im Gemeinderat, solange das sachlich und fair geschieht.“ Man müsse sich auch mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinandersetzen. „Erst dann kann man einen echten Konsens erreichen“, sagt sie.

17 Jahre Berufserfahrung im Magistrat von Bremerhaven

Die Frage, ob sie als junge Frau über ausreichend Erfahrung für dieses Amt verfügt, stellte sich dann auch nicht mehr wirklich. Seit 17 Jahren arbeitet sie im Magistrat von Bremerhaven, wo sie ihre Ausbildung abgeschlossen und schließlich auch noch ein duales Studium in Verwaltungsmanagement abgeschlossen hat. In Bremerhaven treibt sie im Amt für Jugend, Familie und Kinderförderung die Digitalisierung der Kitas voran. Zwar wurde sie erst vor zwei Jahren in den Gemeinderat gewählt, war zuvor allerdings bereits zugewählte Bürgerin und Vorsitzende des SPD-Ortsvereins.

In der Vergangenheit hat sie auch mal Kritik an der CDU/FDP-Gruppe geäußert. „Aber meine Rolle ist jetzt eine andere“, betont Claudia Suhr. „Ich werde die Sitzungen des Gemeinderates neutral und konsensorientiert führen.“ Dabei möchte sie sich auch an ihrem Vorgänger orientieren. „Harald ist ein Vorbild“, betont Claudia Suhr. Und er sei prägend für sie gewesen, weil er auch schon immer da war, seit sie mit 19 Jahren in die SPD eingetreten ist.

„Natürlich kann ich auch nicht alles genauso machen wie er“, sagt sie. Dafür sei seine Handschrift in Beverstedt einfach zu prägend gewesen. „Er hat auch ein ganz besonders politisches Geschick und ein Gespür für die Menschen.“

Überparteilichkeit liegt in der Familie

Nun ist es an Claudia Suhr, die Sitzungen zu leiten und auch den einen oder anderen für Beverstedt typischen Konsens zu schmieden. Wobei sie in Sachen Überparteilichkeit auch schon ziemlich familiär vorbelastet ist. „Die Familie meines Mannes ist in der CDU aktiv und eher konservativ“, sagt sie. CDU-Gemeinderat Tobias Suhr ist ebenfalls ein Verwandter ihres Mannes. Mit ihrem Mann verbindet sie das Interesse an der Politik, unterschiedliche Meinungen sind für das Paar aber kein Problem. Auch in Wellen arbeite sie gut mit der CDU zusammen. „Wir wollen schließlich alle gemeinsam das Beste für Beverstedt erreichen“, sagt sie.

Bei aller Überparteilichkeit im Gemeinderat möchte sie in den Ausschüssen allerdings weiter politisch mitarbeiten. „Familienthemen sind mir wichtig, ebenso wie der Bau von Sozialwohnungen und soziale Beratung“, sagt Claudia Suhr. Auch mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie kennt sie sich als Mutter von zwei Kindern aus. Ein wichtiges Projekt wäre für sie die Einrichtung eines Sozialzentrums mit einem breiten Angebot. Denn in Beverstedt gibt es so etwas im Vergleich zu Hagen oder Bremerhaven bisher nicht. „Gerade in der Corona-Pandemie ist der Förderbedarf in vielen Familien gestiegen“, sagt sie. Fast schon skandalös findet sie die Vier-Tage-Woche an der Oberschule. „Es kann doch nicht sein, dass der Staat die Aufgabe Bildung wegen Personalmangels abgibt“, findet die Sozialdemokratin. Auch der Aus- und Neubau von Kitas in Beverstedt ändere nichts am Fachkräftemängel bei Erzieherinnen.

Harald Michaelis als Vorbild

„Politik ist mein Hobby“, sagt sie dann auch noch, ein Ausspruch, der auch von Harald Michaelis zuletzt geäußert worden war. Ansonsten geht sie gern mit ihrem Mann aus der CDU-Familie laufen. Im gleichen Tempo rennen die beiden gemeinsam durch Beverstedt.

Jan Iven

Reporter

Jan Iven stammt aus Hamburg ist seit 2023 bei der NORDSEE-ZEITUNG. Der Reporter hat Politik und Journalismus in Leipzig studiert. Unterwegs ist er vor allem in Beverstedt und Hagen. Als Norddeutscher liebt er die Schiffe, das Meer und den Hafen.

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