Beverstedt

Nach dem Feuer in Beverstedt: Was die Opfer von der Brandnacht berichten

Die Opfer des Brands in Beverstedt sind traumatisiert und gleichzeitig dankbar über die Welle der Hilfsbereitschaft, die ihnen entgegengebracht wird. Ihre Gedanken sind bei dem 33-Jährigen, der am Montagabend immer noch in Lebensgefahr schwebte.

Auf dem Foto ist das von dem Feuer betroffene Gebäude. Der Dachstuhl ist verkohlt, ein Fenster zerborsten.

Zerborstene Fenster, das verkohlte Gerippe des ausgebrannten Dachstuhls und Ziegel auf dem Pflaster zeugen von dem Feuer, das gewütet hat.

Foto: Rendelsmann

„Der Schaden ist nebensächlich, Hauptsache, der Bengel wird wieder gesund.“ Kurt Grosshans schüttelt immer noch fassungslos den Kopf, während er von seinem Garten aus auf die Ruinen seiner Immobilien blickt, die in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag völlig ausgebrannt sind. Der 76-Jährige war im Urlaub auf Mallorca, als ihn seine Tochter Kerstin in der Nacht erreichte und berichtete, dass beide Häuser in seiner Nachbarschaft in Flammen standen und es Verletzte gab. „Ich habe sofort den nächsten Flug gebucht. Ich habe in meinem Leben schon vieles erlebt, Sachschäden sind lösbar, aber so ein Schicksalsschlag mit dem jungen Mann ist das Schlimmste.“

„Als ich vors Haus kam, lag er schon auf dem Fußweg“

Zur gleichen Zeit kauern die drei Mitbewohner von Michal, der auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Bremerhaven um sein Leben kämpft, bei Mirella Schlake in Heerstedt auf dem Sofa. Tomasz, Lukasz und Urszula, die Frau von Michal. Die 30-jährige Altenpflegerin und ihr Partner Michael von Glahn sind beide bei der Freiwilligen Feuerwehr. Während Michael in der Nacht zum Einsatz fuhr, blieb Mirella zu Hause bei den Kindern, nahm dann aber die ebenfalls verletzte Urszula und die zwei weiteren Mitbewohner am Sonntag bei sich auf und startete sowohl eine Spendenaktion für Kleidung als auch eine Wohnungssuche auf Facebook und über PayPal. „Wir waren übers Wochenende bei unseren Familien in Polen und sind immer noch geschockt, dass nach unserer Rückkehr alles weg war“, berichtet Tomasz leise. Urszula erzählt zaghaft, dass sie von dem Geräusch zersplitterndes Glases aufwachte. „Als ich ins Treppenhaus schaute, brannte schon alles, überall war Rauch.“ Ihr Mann rief ihr zu, sie solle über den Balkon raus auf die Terrasse klettern. Er selbst rannte offenbar nach vorne durch die Wohnung und kam nicht mehr zurück und versuchte, sich durch das Fenster auf die Straße zu retten. „Als ich vors Haus kam, lag er schon auf dem Fußweg“, sagt die 47-Jährige mit zitternder Stimme, kämpft sichtlich mit den Tränen.

Nachbarn wollen helfen

Ähnlich mitgenommen klingt auch Doreen Breden, die im ebenfalls ausgebrannten Nebengebäude gewohnt hat und mit ihrem siebenjährigen Sohn und dessen neunjähriger Cousine nur in Nachtzeug und barfuß auf die Straße geflüchtet war. „Ich habe nach den Kindern gerufen, war in Panik“, erinnert sie sich. Nachbarn kamen herbeigeeilt, warfen ihr einen Mantel über und kümmerten sich auch um die Kinder, die es zum Glück körperlich unversehrt aus dem Haus schafften. Die Familie ist nun zunächst bei der Nichte von Doreen Breden untergekommen. Schon am Sonntag startete ihre Kollegin Tanja Hensel eine Spendenaktion auf Facebook, die bereits um eine weitere für die anderen Betroffenen erweitert wurde. „Die Hilfsbereitschaft der Beverstedter ist überwältigend“, sagte Doreen Breden. Am Montagabend waren bereits Spenden von knapp 2.500 Euro für sie und über 500 Euro für ihre Nachbarn eingegangen. „Wir alle suchen nun nach einer neuen Wohnung im Raum, mein Sohn möchte morgen sogar wieder zur Schule gehen. Er geht zwar mit leeren Händen, aber die Schule will ihm alles Notwendige besorgen. Ich habe die besten Kollegen der Welt und die Beverstedter sind einfach klasse, deshalb wollen wir auch bleiben.“ Sach- und Geldspenden für die Betroffenen können über Facebook unter „Tanja Hensel“ oder „Mirella Schlake“ und einen dort jeweils hinterlegten Link gemeldet oder angewiesen werden.

Rita Rendelsmann

Autorin

Rita Rendelsmann ist im Woodstock-Jahr 1969 in Bremerhaven geboren, hat einige Jahre in London gelebt, wo sie ihren Faible für Szene und Musik richtig ausleben konnte. Ihr Lehramtsstudium für Deutsch und Englisch hat Sie mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen,aber statt eines Referendariats 1995 bei der NORDSEE-ZEITUNG volontiert. „Ich brauche Abwechslung und Action, deshalb gefällt mir mein Beruf so gut. Jeder Tag bringt eine neue Überraschung und Erfahrung mit sich.“ Seit 2017 ist Sie als Redakteurin Magazine angestellt und zusätzlich als freie Mitarbeiterin für die NORDSEE-ZEITUNG im Einsatz.

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