Cuxland

Arbeitsmarktbilanz für Cuxhaven: Gute Nachrichten für Arbeitnehmer

Trotz Krisen fällt die Bilanz 2022 für den Arbeitsmarkt im Landkreis Cuxhaven - wie für den gesamten Agenturbezirk Stade - insgesamt positiv aus. Vor allem für die Jobsuchenden unter den Arbeitnehmern gibt es gute Nachrichten.

Siemens Gamesa

Die Energiebranche hat im Cuxland auch 2022 für Optimismus gesorgt. Das Offshorewerk von Siemens Gamesa in Cuxhaven - hier Produktionsmitarbeiterin Ina Schwittke - startete im Herbst eine Personaloffensive. Gesucht wurden 200 Frauen und Männer - vor allem für die Produktion.

Foto: Heike Leuschner

Die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine, Inflation, Lieferengpässe, Corona: „All diese Krisen haben Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen“, beginnt Dagmar Froelich am Donnerstag ihre Bilanz über die Entwicklungen im Arbeitsagenturbezirk Stade (Kreis Cuxhaven, Osterholz, Stade) im zurückliegenden Jahr. Selten habe es innerhalb eines Jahres derart unterschiedliche Entwicklungen, Einschnitte und unsichere Prognosen gegeben. Angesichts dieser schwierigen Bedingungen seien die Folgen für den Arbeitsmarkt moderat geblieben, fasst die Leiterin des Agenturbezirks zusammen.

Arbeitslosenquote im Kreis Cuxhaven geht zurück

Insbesondere in der ersten Jahreshälfte habe sich der Arbeitsmarkt von den pandemiebedingten Einbrüchen erholt. Im Landkreis Cuxhaven ging die Arbeitslosigkeit um 8,8 Prozent zurück. „Das sind 526 arbeitslose Personen weniger als 2021“, berichtet Sven Menke, Teamleiter des Arbeitgeber Service der Agentur für Arbeit Cuxhaven. Die Arbeitslosenquote sank von 5,7 auf 5,2 Prozent.

Kurzarbeit ist laut Froelich derzeit kein großes Thema mehr. Im August hätten im gesamten Agenturbezirk lediglich 44 Betriebe für 287 Personen Kurzarbeit angemeldet. 2020, nach Ausbruch der Corona-Pandemie, seien rund 4.000 Betriebe und bis zu 50.000 Beschäftigte von Kurzarbeit betroffen gewesen.

Drängendstes Problem: Arbeitskräftemangel

Als drängendstes Problem nennt Froelich den Arbeitskräftemangel. Dieser zeige sich sowohl bei Fachkräften als auch bei Stellen, die keinen Berufsabschluss erfordern. Im August lagen im gesamten Agenturbezirk Stade mehr als 5.600 Stellenangebote vor - so viele wie nie zuvor. Dabei seien Arbeitgeber krisenbedingt zurückhaltend gewesen und hätten weniger freie Stellen gemeldet als in den Vorjahren. „Diese Verunsicherung war besonders im Baugewerbe zu spüren“, so Froelich.

Die Vielzahl an Stellenangeboten - im Landkreis Cuxhaven sind es rund 1456 (2021: 1146) - bedeuten für Arbeitnehmer, dass es in fast allen Bereichen Jobs gibt. Beispielhaft nennt Froelich das Gesundheits- und Sozialwesen, die Bereiche Erziehung und Unterrichtsversorgung, das Gastgewerbe, den Handel und das verarbeitende Gewerbe sowie den öffentlichen Dienst.

Arbeitsagentur Stade

Der Arbeitsmarkt im Landkreis Cuxhaven hat sich 2022 überwiegend positiv entwickelt. Lediglich die Zahl der arbeitslos gemeldeten Ausländer ist angesichts der aktuellen Flüchtlingswelle gestiegen.

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Keine Ausbildung?

Was tun, wenn man noch keinen Ausbildungsplatz oder eine Ausbildung abgebrochen hat? „Den Weg zur Agentur für Arbeit oder zur Berufsberatung gehen“, rät Dagmar Froelich, Leiterin des Arbeitsagenturbezirks Stade.Wie findet man die passende Ausbildung? „ „Berufsberatung ist das das A und O“, sagt Froelich. Die Berufsberatung habe eine ganz neue Ausrichtung bekommen. Neigungen, Test, Hobbys werden dabei betrachtet. Eignungstests helfen, sich zu orientieren. Wichtig sei es auch, jungen Menschen Zeit zur Orientierung zu geben.In welchen Branchen gibt es aktuell Ausbildungsplätze? „Eigentlich gibt es in fast allen Bereichen etwas“, sagt Sven Menke, Teamleiter des Arbeitgeber Service der Agentur für Arbeit Cuxhaven. „Vom Handwerk wie Kfz oder Friseur über öffentlichen Dienst, Pflege, sozialen Bereich bis zum Handel - wir haben viele Ausbildungsstellen, die wir einfach nicht besetzen können.“

Stellen im Schnitt mehr als fünf Monate frei

Wermutstropfen: „Für Arbeitgeber ist es eher schwierig, freie Stellen zu besetzen“, berichtet Froelich. Die Arbeitsagentur erkennt das daran, wie lange Stellen vakant, also verfügbar sind. Die Vakanzzahl steige seit Jahren. Aktuell bleibe jede Stelle, die im Agenturbezirk gemeldet werde, im Durchschnitt 163 Tage - mehr als fünf Monate - unbesetzt.

„Je höher die geforderte Qualifikation ist, desto länger ist die Vakanz“, resümiert Froelich. „Uns fehlen nicht nur die Fachkräfte, wir merken es auch im Helferbereich.“ Egal, ob Handwerk, IT-Berufe, Metall, Kommunikation, Gesundheitswesen - laut Froelich gibt es keine Branche, in der sich Vakanzzeit reduziert habe.

Einzige Ausnahme bilden der Energiesektor und Elektroberufe. „Hier verzeichnen wir einen Rückgang bei der Vakanz von acht auf sieben Monate“, so Froelich. „Das ist immer noch lang, aber man sieht, dass sich in diesem Sektor etwas entwickelt und dass Chancen, die entstehen, auch wahrgenommen werden.“

Fast alle profitieren von der Stellenvielfalt

Mit Ausnahme der aktuell Geflüchteten würden fast alle Personengruppen derzeit von der Vielzahl der Stellenangebote profitieren. Sowohl bei den unter 25-Jährigen als auch bei den über 50-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr gesunken.

Das gilt auch für den SGB-II-Bereich (künftig Bürgergeld) und hier insbesondere für die Langzeitarbeitslosen, berichtet Torsten Stoltz, Leiter des Jobcenters Cuxhaven.

Aktuell gebe es im Landkreis Cuxhaven 5.518 Bedarfsgemeinschaften - 300 weniger als im Jahr davor. Stoltz führt das unter anderem auf den gestiegenen Mindestlohn zurück. „Menschen, die in Arbeit gehen, kehren häufig nicht wieder zum Jobcenter zurück.“ Das sei vor Jahren noch anders gewesen. Insgesamt hätten sich 1.454 Menschen in 2022 (21 Prozent) aus dem SGB-II-Bezug abgemeldet.

Froelich: „Ausblick noch nie so schwierig“

Mit einem Ausblick auf das begonnene Jahr tut sich Arbeitsagenturleiterin Froelich angesichts unterschiedlicher Wirtschaftsprognosen schwer. Der Wirtschaftsbericht der Bundesregierung gebe keinen Anlass zum Jubeln.

Optimistisch sei sie trotzdem, sagt Froelich und macht das vor allem an einer „enormen Branchenvielfalt“ im Agenturbezirk fest. „Unsere Stärke sind die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe.“ Sie prognostiziert, dass Beschäftigung erneut leicht ansteigen wird. Gleichzeitig rechnet sie angesichts der Zahl der Geflüchteten damit, dass die Zahl der Arbeitslosen ansteigen wird. „Ich gehe davon aus, dass noch mehr Menschen Asyl suchen werden.“

Heike Leuschner

Reporterin

Heike Leuschner hat sich nach einem Jura-Studium für die journalistische Laufbahn entschieden. Seit 2010 ist sie als Redakteurin in der Lokalredaktion der NORDSEE-ZEITUNG beschäftigt. Privat sieht man sie oft mit Kamera – oder gar nicht. Dann ist sie auf Reisen.

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